: Köln entdeckt Preußens Gloria
Mit dem ersten offiziellen „Tag der Forts“ lädt die Stadt Köln die Bevölkerung ein, sich mit dem lange verdrängten Erbe der Preußenzeit vertraut zu machen. 18 Anlagen haben am Samstag geöffnet
von Bruno Knopp
Ortstermin in Köln-Bocklemünd, 9 Uhr, auf dem Gelände des Post-Sportvereins, vor dem Eingang des alten preußischen Fort IV. Starke Männer in schwerer Arbeitskleidung schnallen sich ihre Stirnleuchten um, schultern Hacken, Spaten und steigen hinab in ein Labyrinth feuchter, kalter Gänge. Dort werden sie in den nächsten Stunden malochen.
Warum machen die das? Es ist ihr Hobby. Sie haben sich in der Arbeitsgemeinschaft Festung Köln (AFK) zusammengeschlossen. Als engagierte Freizeitforscher suchen sie in Archiven nach Quellen zur preußischen Ära und graben mit Genehmigung der Stadt Areale der historischen Befestigungsanlagen aus. Das gleiche Ziel verfolgt das Cologne Research Institute of Fortification Architecture.
Mit dem ersten offiziellen „Tag der Forts“ in Köln am Samstag möchte die stellvertretende Stadtkonservatorin Henriette Meynen nun auch die Öffentlichkeit auf das lang verdrängte Erbe der Preußenzeit aufmerksam machen. „Dieser Tag ist eine Demonstration für die Kölner Forts“, erläutert Meynen. „37 Führungen beschäftigen sich mit Architektur und Technik sowie dem Grün der Anlagen.“ Das Bewusstsein der Kölner für den Wert dieser geschichtlich einzigartigen Bauwerke müsse geschärft werden. Sonst könne die Stadt nur schwer Investoren für die dauerhafte, denkmalgerechte Nutzung einiger Forts finden.
Erstmalig sind am Samstag alle 18 noch erhaltenen preußischen Fortanlagen gleichzeitig geöffnet. Führungen zu Fuß und per Rad bieten neben den erwähnten Vereinen auch die Freiluft- und Gartenschule in Köln-Müngersdorf sowie der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz. Abends findet am Zwischenwerk VIIIb in Rodenkirchen eine große Abschlussveranstaltung mit Fackelzug statt (siehe Kasten).
Meynen begrüßt die Tätigkeiten dieser Gruppen. „Wir profitieren von den Studien und praktischen Arbeiten.“ Auf Grund knapper Finanzmittel könne die Stadt jedoch den Aktiven keine Unterstützung gewähren.
Der Vorsitzende der AFK, Uwe Zinnow, erklärt die Ziele seines Vereins: „Wir möchten bedeutende Baudenkmäler der preußischen Ära Kölns erhalten und die Kölner über diesen unbekannten Teil der Stadtgeschichte informieren.“ Zinnow tritt Vermutungen militaristischer oder gar rechtsextremer Gesinnungen klar entgegen: „Hin und wieder kommen mal rechte Spinner vorbei, doch die fliegen bei uns direkt raus.“
Unten im Fort IV arbeiten die Männer inzwischen in einem feuchten, kalten Gewölbekeller. Das Thermometer zeigt hier beständig 9 Grad an. Es riecht modrig. Die Freizeitarchäologen legen einen Mannschaftsraum frei. Hier unten hausten bis 1918 die einfachen Soldaten. Heizöfen liefen das ganze Jahr, um das Leben von 400 Männern halbwegs erträglich zu machen. Mitten auf dem Acker stellten die Militärs westlich von Bocklemünd 1877 dieses Fort fertig. Es gehörte zu einem Kranz moderner Festungen, die Kaiser Wilhelm I. in dieser Zeit rund um Köln errichten ließ. Zwölf große Forts, 25 Zwischenwerke und 150 Kleinbefestigungen sollten die Stadt vor französischer Bedrohung schützen. Diese Anlagen, damals weit draußen auf dem Land, ersetzten die älteren Festungen direkt vor der Stadt. Nachdem Preußen auf dem Wiener Kongress 1815 das Rheinland erhalten hatte, bauten die Berliner Herrscher Köln zu ihrer größten Militärbasis im Westen aus. Gut 800 Meter vor der Stadt errichteten sie zwischen 1816 und 1847 elf Forts, drei weitere folgten vor Deutz.
Doch neue Kanonen mit größerer Reichweite machten diese Festungen nahe der Stadt schnell nutzlos. Ein neuer Schutzring weiter draußen wurde erforderlich. Einige Bollwerke integrierten die Planer in Parkanlagen, wie das Fort X am Neusser Wall. Ähnliches machte Adenauer nach dem Ersten Weltkrieg, als er sich bei den Alliierten dafür einsetzte, Reste einige Forts im neuen Grüngürtel zu erhalten.