Zu zweit immer nur heimlich

Studierende aus Nicht-EU-Ländern, die einen Sprachkurs besuchen, bekommen keinen Wohnheimplatz. Wohnen sie bei Freunden, schickt das Studentenwerk die Kündigung

Bremen taz ■ Der Mann aus Kamerun spricht noch sehr gebrochen Deutsch. Seit einem Monat ist er hier, um vor dem offiziellen Studienbeginn einen Sprachkurs zu absolvieren. Wo er wohnt? Er druckst ein wenig, lächelt verlegen. Bei einem Freund aus Kamerun, im Wohnheim.

Sein Problem: Das ist illegal. Studierende, die noch im Deutschkurs sitzen, bekommen seit dem letzten Semester überhaupt keine Wohnheimplätze mehr. Dafür können sie sich erst bewerben, wenn die Sprachprüfung bestanden und der Studienplatz schon sicher ist. Also kommen viele von ihnen zunächst bei befreundeten Landsleuten unter, hausen zu zweit dort, wo sonst im Wohnheim nur einer wohnen darf.

Die rund 920 nichtdeutschen MieterInnen bereiteten „überproportional“ Probleme, hatte der Chef des Bremer Studentenwerks, Heinz-Ludwig Mohrmann, die restriktive Maßnahme des Studentenwerkes gegenüber den Studierenden aus anderen Ländern begründet. Viele könnten ihre Miete nicht rechtzeitig zahlen, zögen unverhofft aus.

„Außerdem machen sie mehr Rabatz als andere.“ Maria Glinka, beim Studentenwerk zuständig für die Zimmervermittlung, hat gleich eine ganze Latte von Ressentiments auf Lager. Ausländische Studierende, die gerade erst einen Sprachkurs absolvierten, seien „oft weniger fleißig“ als die schon länger hier lebenden und die deutschen, sie „arbeiten teilweise schwarz, haben mehr Besuch“. Die Studenten aus Kamerun wehren sich heftigst gegen solche Vorwürfe: „Das ist doch einfach nur bescheuert. Können die das belegen?“

Bislang, so Glinka, gab es in den Wohnheimen einen Ausländeranteil von 75, teilweise bis zu 90 Prozent. Künftig soll nur noch jedes zweite der rund 1.400 Zimmer an Nicht-Deutsche vergeben werden. Gleichzeitig können in Bremen nur halb so viele Studierende in Wohnheimen unterkommen wie in anderen Bundesländern.

Wer nach seiner Ankunft hier aber erst einmal mehrere Monate lang die deutsche Sprache lernen muss, der wird auf dem freien Wohnungsmarkt nur schwer ein Zimmer finden. „Unvorstellbar“ sei das. Der angehende Wirtschaftswissenschaftler aus Kamerun winkt ab. Seit 1998 studiert er hier in Deutschland, und auch er hat schon einmal sein Zimmer verloren, weil er dort einen Freund aus Kamerun beherbergt hat. Erfährt das Studentenwerk von derlei Wohngemeinschaften, steht die fristlose Kündigung ins Haus. Regelmäßige Kontrollen gebe es keine, erzählen die Betroffenen in der Runde, doch jedesmal zu Beginn eines neuen Semesters spitze sich die Lage wieder zu. So auch jetzt: Zwar gebe es ein privates Wohnheim, in dem man bei einem der Bewohner mitwohnen dürfe – aber nur zwei Wochen lang, für fünf Euro pro Tag.

Wer als Studienanwärter der deutschen Sprache schon mächtig oder aus dem EU-Ausland kommt, der hat es da besser. „Hier wird die Elite gefördert“, schimpft Veronika Kroeker, die bei der Evangelischen StudentInnengemeinde Studierende aus Nicht-EU-Ländern berät. „Das ist ein unhaltbarer Zustand.“

Wer einen Master-Studiengang belegt habe, bestätigt Glinka, der werde auch bei der Zimmersuche nach Möglichkeit bevorzugt. Auch die derzeit rund 180 neuen ausländischen Stipendiaten und Austauschstudierenden an der Bremer Uni haben es komfortabler: „Spätestens wenn sie hier ankommen“, garantiert Hartmut Ruberg vom International Office, „besorgen wir ihnen ein privates Zimmer“.

Für die Studierenden, die erst noch ihren Sprachkurs absolvieren müssen, sei er nicht zuständig. Horrorgeschichten seien ihm aber noch keine zu Ohren gekomen. Bislang habe offenbar noch jeder eine Unterkunft gefunden. Ruberg: „Schließlich gibt es ja die Landsleute.“

Jan Zier