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Archiv-Artikel

Der „Comical Tory“ muss gehen

Der Verschleiß an der Spitze der britischen Konservativen geht weiter: Iain Duncan Smith verliert das Vertauensvotum der Abgeordneten. Sein Nachfolger steht mit Michael Howard so gut wie fest. Das letzte Wort werden die Parteimitglieder haben

von RALF SOTSCHECK

„Ich habe für mich gestimmt“, hatte der britische Oppositionsführer Iain Duncan Smith am Mittwochnachmittag trotzig gesagt. Doch das reichte nicht. Am späten Abend hatten ihm nur 74 weitere Tory-Abgeordnete das Vertrauen ausgesprochen, 90 hatten gegen ihn gestimmt. Nun müssen sich die Tories zum dritten Mal innerhalb von knapp drei Jahren einen neuen Parteichef suchen.

Neben Duncan Smith ist Premierminister Tony Blair der Verlierer des Tory-Machtkampfes. Mit „IDS“, wie der Tory-Chef im Unterhaus genannt wurde, hatte er leichtes Spiel. Duncan Smith hat es nicht geschafft, in seiner knapp zweijährigen Amtszeit ein Profil zu entwickeln, kaum die Hälfte der Briten kennt überhaupt seinen Namen. Es gelang ihm nicht, die Regierungskrise nach dem Irakkrieg auszunutzen – im Gegenteil: Bei einer Nachwahl im vergangenen Monat landeten die Tories auf dem dritten Platz, der Sitz ging an die Liberalen Demokraten, die sich immer mehr zur wahren Oppositionspartei entwickeln.

Schließlich reichte es den konservativen Abgeordneten. Anfang der Woche schrieben 25 von ihnen an den Ausschuss der Hinterbänkler von 1922 und forderten Duncan Smiths Rücktritt. So musste die Vertrauensfrage gestellt werden, und da hatte IDS keine Chance. Die meisten seiner eigenen Abgeordneten verachteten ihn seit langem.

Die britische Presse hatte den politischen Nachruf bereits zu seinen Lebzeiten geschrieben. „Adios, IDS“, verabschiedete der Guardian den Tory-Chef am Mittwochmorgen. Der Daily Mirror verpasste ihm den höhnischen Spitznamen „Comical Tory“ – in Anlehnung an Saddam Husseins Informationsminister „Comical Ali“, dem ebenfalls jeder Sinn für Realität abhanden gekommen war.

Die konservativen Zeitungen stimmen darin überein, dass Michael Howard, bisher Schatzkanzler im Schattenkabinett, der geeignetste Kandidat sei, um die Tories in die nächste Wahlniederlage zu führen. Aber 2010 könnte er es schaffen, Labour abzulösen, glaubt die Daily Mail. Dann wäre Howard fast 70. In seiner Politik unterscheidet er sich nicht sonderlich von Duncan Smith. Beide gehören dem rechten Parteiflügel an, sie sind skeptisch gegenüber Europa, wollen die Zahl der Asylbewerber einschränken und sind gegen den Mindestlohn. Howard konnte seine konservativen Qualitäten bereits im Dienste Margaret Thatchers unter Beweis stellen: Er war damals einer der Architekten der ungerechten Kopfsteuer und half der Eisernen Lady bei der Zerschlagung der Gewerkschaften.

Howard hat seine Kandidatur noch Mittwochnacht bekannt gegeben. An seinem Sieg bestehen kaum Zweifel, da seine aussichtsreichsten Konkurrenten David Davis und Oliver Letwin ihm ihre Unterstützung zugesichert haben. Bis nächsten Donnerstag können sich weitere Kandidaten melden, am 11. November findet der erste geheime Wahlgang unter den Tory-Abgeordneten statt. Das letzte Wort haben die 300.000 Parteimitglieder. Eine Wahl werden sie wohl nicht haben, wenn ihnen nur Howard präsentiert wird.