Urdrüs wahre Kolumne
: Ischa Freimaak!

So sehr man ja die Daumen dafür drückt, dass die Angestellten von Karstadt auch weiterhin die Menschen beim Durchlaufen der Parfümerieabteilung mit Joop!-Düften und dem gefilterten Schweiß von Gabriela Sabatini oder Paloma Picasso besprühen und darüber belehren können, dass Oberhemden in XXL der deutschen Größe 45/46 entsprechen, so wenig Erfolgsaussichten kann man Versammlungen in den Eingängen zum wenigstens symbolischen Schutz von Arbeitsplätzen einräumen. Manager und Vertreter der Anteilseigner sind in der Regel keine Esoteriker, sondern Empiriker und brauchen die reale Erfahrung von voll auf die Zwölf und die Erfrischung aus der Sprinkleranlage, um aufzuwachen und zu schauen, ob ihr Porsche noch Luft auf den Reifen hat.

Apropos Solidarität! Darf es uns genügen, dass es in den berechtigten Warnstreiks der Cinemaxx-Beschäftigten wegen der dort gezahlten Hungerlöhne zu freundlichen Rückmeldungen des Publikums aus der Warteschlange kommt? Erst wenn es nach den Lehren des großen amerikanischen Gewerkschafts-Strategen Boy S. Kott keine Warteschlangen mehr gibt, beweisen die Kinogänger praktische Anteilnahme und Rückendeckung für die Belegschaft. Und nach dem Sieg kann man einen Film davon machen. Mit Angela Jolie als allein erziehende Popcorn-Verkäuferin, bitte sehr.

Wer bislang in der Wahrnehmung der Position des Bremer Senatssprechers durch die alte Tazze Klaus Schloesser immer noch so was wie Ausdruck hanseatischer Lebenskunst der allseitigen Verknüpfung sah, weiß angesichts der ausgerechnet über Onkel Schulenbergs Weser-Report verbreiteten Schelte am ARD-Magazin „Kontraste“ wegen des doch noch ziemlich moderaten Beitrags zu den Bremer Investitionsskandalen, dass so eine wohlwollende Sicht der Dinge eine erhebliche Wirklichkeitsverdrehung wäre. Der Journalist Klaus Schloesser jedenfalls wäre als Autor dieses durch und durch gelungenen Beitrags im Triumph des berechtigten Stolzes darüber wochenlang wie im Rausch durch die Stadt geschwebt und hätte mit Fug und Recht jedem die Schulter zum Draufklopfen gereicht. Und aus den einschlägigen Grundkursen der materialistischen Weltanschauung raunt es ihm hoffentlich noch ins Heute: „Das Sein bestimmt das Bewusstsein.“

Seit nunmehr über zwanzig Jahren verfolge ich Pressemitteilungen zum Bremer Freimarkt und besuche diese Veranstaltung mit immer noch exzessiver Leidenschaft mit und ohne Kindersegen und jedes Mal erfahre ich Schwarz auf Weiß, dass die Preise im Wesentlichen stabil geblieben seien gegenüber dem Vorjahr und ebenso regelmäßig erfahre ich dann in der schnöden Wirklichkeit, wie flexibel diese Behauptung zu werten ist. Wäre man aber meinem Vorschlag gefolgt und hätte aus den verjuxten Geldern für die diversen Tourismus-Großkotzprojekte eine Bürgerstiftung „Universelles Vergnügen“ ins Leben gerufen, wir könnten heute allesamt bei freier Anfahrt mit der VBN und BSAG zuckerwatteschleckend das Haake Beck aus dem Festzelt in der Wildwasserbahn schunkeln lassen, bis die Rossbratwurst wieder hochkommt und das alles für lau aus dem Stiftungsvermögen! Doch auch als Selbstzahler dabei zu sein, empfiehlt trotz alledem mit einem „Ischa Freimaak“

Ulrich „Rummelboxer“ Reineking

PS: Weiterhin Redefreiheit für Gerd Augustin im Offene Schnauze-Kanal!