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Archiv-Artikel

Casanova dreht in Bremen

„Verrückt nach Paris“-Regisseur Eike Besuden produziert eine Fernseh-Romanze mit dem Arbeitstitel „Casanova“ – finanziert von Nordmedia und Sat1, aber gedreht in der „Film-Diaspora“ Bremen. Das ist dem Senat gar einen Termin im Rathaus wert

Bremen taz ■ Wenn Sie in den nächsten Wochen in Bremen einem Filmteam begegnen, das etwa in der Meierei, der Kunsthalle oder am Weserufer arbeitet, dann werden Sie Zeuge einer cineastischen Rarität. Denn das Kapitel der in dieser Stadt gedrehten Filme ist immer noch winzig – auch wenn sich das in den letzten Jahren mit den inzwischen regelmäßig produzierten Tatortkrimis, dem Kinofilm „Kleinruppin forever“ und natürlich dem gerade wieder prämierten „Verrückt nach Paris“ etwas gebessert hat. Bei diesem führte Eike Besuden nicht nur die Co-Regie, sondern er produzierte ihn auch, und dabei hat er leidvoll erfahren müssen, wie schwer es ist, mit solch einem Film keine Schulden zu machen. Aber der ehemalige „buten un binnen“-Moderator hatte Blut geleckt. Er gründete die Geisberg Studios Eike Besuden Filmproduktion GmbH und konzentrierte sich, anders als sein „Verrückt nach Paris“-Partner Pago Balke, auf eher kommerzielle Projekte. Während Balke versucht, wieder einen ambitionierten Kinofilm zu finanzieren, dreht Besuden eine romantische Komödie, Arbeitstitel: „Casanova“.

Deren Plot ist schnell erzählt: Einem verklemmten Historiker erscheint nach einem Unfall Casanova höchstpersönlich. Dieser gibt ihm einen Einführungskurs in die Künste der Verführung, wofür der Historiker der Nachwelt den berühmtesten Frauenhelden als Denker und Humanisten nahe bringt. Nach der Lektion gibt es wieder einen kleinen Unfall, der historische Zeitreisende verschwindet, der Historiker kriegt die nette Lehrerin.

Co-finanziert wird die Romanze von der „Nordmedia“, die unter anderem für die Filmförderung in Niedersachsen und Bremen zuständig ist und gerade einen Kooperationsvertrag mit dem privaten Fernsehsender Sat1 geschlossen hat. Bereits im letzten Jahr hatten die Filmförderer und der Privatsender sehr erfolgreich bei dem Doku-Drama „Das Wunder von Lengede“ zusammengearbeitet. Sat1 macht viele Eigenproduktionen, die dann etwa in der Programmschiene „Der große Sat1-Film“ am Dienstag zur Hauptsendezeit gezeigt werden. Dies wird auch mit Eike Besudens Produktion passieren, die allerdings noch keinen festen Sendetermin hat.

Dass dieses Fernsehspiel – so hieß das früher zutreffender und bescheidener – ausschließlich an Drehorten in Bremen inszeniert wird, ist nun so sensationell, dass der Bremer Senat zu einer Pressekonferenz im Rathaus einlud, wo neben Besuden, dem Vertreter von „Nordmedia“, Henning Kunze, sowie den beiden Schauspielern Thomas Heinze und Heio von Stetten auch der Medienreferent der Senatskanzlei Eckhard Siering teilnahm. Nun ist es in Hamburg, München oder Köln kaum denkbar, dass solch ein offizieller roter Teppich für die Produktion einer Fernsehromanze ausgerollt wird, aber die Stadt ist nun mal, mit den Worten von Besuden, „Filmdiaspora“. Seit dreieinhalb Jahren arbeitet er nun an seinem „Casanova“-Projekt. Die 1,4 Millionen Euro Produktionskosten werden von Nordmedia und Sat1 bereitgestellt. Einen Interessenkonflikt – Nordmedia wird zum Teil über die Fernsehgebühren finanziert, die jetzt in eine Produktion des Privatfernsehens fließen – verneinte Kunze auf Nachfrage. Wilfried Hippen