: Borussia Dortmund verdoppelt Krise
Gerd Niebaum tritt als Präsident von Borussia Dortmund zurück. Nach der Niederlage beim VfB Stuttgart rutscht die Mannschaft in den Tabellenkeller. Ex-Trainer Matthias Sammer verteidigt Niebaum gegen Angriffe
STUTTGART taz/dpa ■ Borussia Dortmund steht seit gestern Nachmittag ohne Präsident da. Gerd Niebaum trat wenig überraschend von seinem Amt zurück. Als potentiellen Nachfolger brachte er den zweimaligen BVB-Präsidenten und 24-Stunden-NRW-Finanzminister Reinhard Rauball ins Gespräch. Niebaum zieht mit seinem Rücktritt die Konsequenz aus einem Schuldenstand von mehr als 118 Millionen Euro und der Kritik an seiner Amtsführung. Der Spiegel erhebt in seiner heutigen Ausgabe neue Vorwürfe gegen Niebaum. Er soll demnach „in die eigene Tasche“ gewirtschaftet haben. Erstmals gebe es Indizien dafür, „dass er sein Amt zur persönlichen Bereicherung ausnutzen wollte“, heißt es dort.
Zum Auswärtsspiel in Stuttgart war der Ex-Präsident erst gar nicht angereist. Er schien zu ahnen, dass es ein düsteres Wochenende werden könnte. Auch sportlich: In Stuttgart setzte es für den BVB mit 0:2 die erste Auswärtsniederlage der Saison. Die Borussen sind am achten Spieltag nur noch einen Punkt von einem Abstiegsplatz entfernt. Zur finanziellen Misere gesellt sich jetzt auch noch der sportliche Abstieg.
„Jeder hat heute gesehen, dass es so nicht weiter gehen kann. Für Dortmund ist es wichtig, dass die Probleme gelöst werden“, sagte BVB- Trainer Bert van Marwijk mit Blick auf die Finanz- und Führungskrise des BVB. „Das sind schwierige Zeiten für Dortmund und auch für mich.“ Sein Spielmacher Tomás Rosicky sagte: „Das belastet uns schon.“ Ein sehr emotionaler VfB-Trainer Matthias Sammer, der selbst mehr als elf Jahre als Spieler und Coach beim Gegner unter Vertrag stand, hatte den in der Kritik stehenden Gerd Niebaum am Samstag sogar noch verteidigt. „Man muss sich bewusst sein, was vor Niebaum war, und was nach Niebaum kommen könnte. Die ganze Hetzjagd ist typisch deutsch. Das hat dieser Mann nicht verdient“, sagte der 37-Jährige.
Zumindest in der ersten Halbzeit zeigten sich die Borussen von den Problemen ihres Clubs noch unbeeindruckt und hielten mit dem Tabellenzweiten gut mit. Dank einer geschlossenen Mannschaftsleistung und großen Einsatzes ließen die Westfalen die Schwaben kaum zur Entfaltung kommen und unterstrichen ihren Ruf als auswärts starkes Team. Die Borussen steckten den verletzungsbedingten Ausfall von Sebastian Kehl und Ewerthon gut weg, auch wenn sie ohne ihren brasilianischen Torjäger nur wenig Druck nach vorne entwickelten. So war ein Kopfball von Stürmer Jan Koller (28.) lange die einzige nennenswerte Chance.
Der VfB fand gegen die gut gestaffelte Gäste-Defensive kaum ein Mittel, um sich gefährlich in Szene zu setzen. Erst nach dem Wechsel erspielten sich die Stuttgarter klare Vorteil. Hinkel traf aus 18 Metern zum 1:0. Es war im 109. Spiel sein erster Punktspiel- Treffer. Wenig später brachte Sammer Kevin Kuranyi nach vierwöchiger Verletzungspause ins Spiel. Die Dortmunder konnten den Stuttgartern nichts mehr entgegen setzen. Cacau sorgte mit seinem sechsten Saisontreffer nach Vorarbeit Kuranyis für die Entscheidung.