: Der Ausschuss-Admiral
Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) in schwerer See: Loch im Kita-Etat wächst weiter, Kritik an seiner Personalpolitik auch. Opposition droht mit PUA „Gelber Filz“. Heute muss Lange vor den Jugendausschuss, nächsten Montag zum Bürgermeister
von SVEN-MICHAEL VEIT
Die Woche der Wahrheit ist für Hamburgs Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) angebrochen. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) Filz werde sich mit seiner umstrittenen Personalpolitik befassen, kündigten gestern die Oppositionsfraktionen SPD und GAL an. Und wegen des immer größer werdenden Lochs im Etat für Hamburgs Kindertagesstätten muss Lange gleich zwei Mal Rede und Antwort stehen: Heute Nachmittag vor dem Jugendausschuss der Bürgerschaft und am nächsten Montag vor Bürgermeister Ole von Beust (CDU) auf einem Krisengipfel der Rechts-Koalition zum Kita-Chaos. Selbst ein unfreiwilliger Rücktritt Langes in absehbarer Zeit wird im Rathaus nicht mehr ausgeschlossen.
Für Unruhe sorgt die Besetzung der Leitung der Landeszentrale für politische Bildung mit Langes Parteifreundin Sabine Bamberger-Stemmann. „Dreist“ nannte gestern GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch das Vorgehen des Senators. Die taz hatte berichtet, wie Lange und sein Büroleiter Gerhold Hinrichs-Henkensiefken, im Ehrenamt stellvertretender Parteichef der Hamburger FDP, gegen das Votum der Auswahlkommission zu Gunsten der Freidemokratin in das Verfahren eingegriffen haben. Das seien „erdrückende Belege“, kommentiert Goetsch: „Alles weist darauf hin, dass direkt aus dem Senatorenbüro Einfluss genommen wurde.“
Von einem „klaren Fall von Parteibuchwirtschaft“ spricht auch ihr SPD-Pendant Walter Zuckerer. Lange habe Bamberger-Stemmann auf die Position „gehievt“, obwohl sich „besser geeignete Kandidaten“ beworben hatten. Goetsch und Zuckerer kündigten an, Senator Lange umgehend vor dem PUA zu „diesem lupenreinen Filzfall“ ausquetschen zu wollen.
Langes Sprecher Alexander Luckow gab sich auf Anfrage der taz gestern gelassen. Wenn die Opposition „den PUA weiter aufblasen will, dann soll sie“. Bei der Personalie Bamberger-Stemmann habe es sich „um ein lupenreines Verfahren“ gehandelt.
Ungewöhnlich wortkarg zeigte Luckow sich auf Nachfragen zur aktuellen Tiefe des Lochs im Kita-Etat: „Wir rechnen noch.“ Exakte Zahlen würden erst „im Laufe der Woche“ vorliegen. Neuere interne Berechnungen weisen das Defizit im Kita-Gutscheinsystem nach Informationen der taz allerdings penibel mit 18,6 Millionen Euro noch für das laufende Jahr aus.
„Karten auf den Tisch“ forderte deshalb gestern SPD-Jugendpolitiker Thomas Böwer. Er kündigte an, Senator Lange am heutigen Nachmittag vor dem Jugendausschuss des Parlaments mit einem „umfangreichen Fragenkatalog“ zu konfrontieren. Böwer vermutet, dass das aktuelle Defizit noch deutlich höher ausfallen werde. Im nächsten Jahr drohe ein weiteres „Loch von mindestens 40 Millionen Euro“. Die Eltern in Hamburg, findet Böwer, „haben ein Recht auf klare Antworten des Senators“.
Ob Lange diese heute geben kann oder will, ist fraglich. Er hatte die Zustimmung mehrerer Kita-Träger zum Gutscheinsystem nur durch die Gewährung höherer Pflegesätze erhalten. Das finanzielle Risiko muss er folglich gekannt haben, zumal einer seiner engsten Vertrauten für die Haushaltspolitik der Behörde verantwortlich ist: Seinen Amtsleiter Thomas Schuster hatte der Admiral a. D. von seinem vorherigen Job als Chef der Führungsakademie der Bundeswehr in Blankenese mitgebracht.
Über korrekte Zahlen mithin sollte Lange stets im Bilde gewesen sein, zumal er darauf bekanntlich großen Wert legt. Als sein Landesschulrat Peter Daschner ihm im Mai vorigen Jahres nicht auf Anhieb die exakte Anzahl an Hamburger LehrerInnen nennen konnte, schasste Lange ihn mit der Begründung, so jemand sei „für mich relativ unakzeptabel“.
Da sollte der Senator sich aber penibelst vorbereiten, wenn er am nächsten Montag auf dem Krisengipfel der Koalition Bürgermeister Ole von Beust und Finanzsenator Wolfgang Peiner (beide CDU) gegenübersitzt.