: CDU probt mehr Gerechtigkeit
Führungsgremien verändern das Steuerkonzept von Fraktionsvize Friedrich Merz. Ein zusätzlicher Freibetrag für Arbeitnehmer entlastet Geringverdiener und Familien. Die Gewerbesteuer soll nun doch erhalten bleiben – jedenfalls vorübergehend
aus Berlin HANNES KOCH
Die Union müht sich, die soziale Gerechtigkeit bei ihren Zukunftsentwürfen in den Vordergrund zu stellen. So haben CDU-Vorstand und Präsidium das Steuerkonzept von Fraktionsvize Friedrich Merz in einigen Punkten geändert. Arbeitnehmer sollen einen zusätzlichen Freibetrag von 1.000 Euro pro Person und Jahr erhalten.
Merz hat gestern das grundsätzliche Okay der CDU-Führungsgremien erhalten. Sein Konzept für die Einfachsteuer sieht vor, jeder Person einen Grundfreibetrag von 8.000 Euro einzuräumen. Darüber hinaus soll es für die Bürger nur noch die drei Steuersätze 12, 24 und 36 Prozent geben. Eine vierköpfige Familie mit zwei Jobs und zwei Kindern würde damit für ein Einkommen von 34.000 Euro keine Steuer mehr zahlen.
„Besonders Familien werden entlastet“, sagte Merz auch unter Verweis auf den neuen Arbeitnehmerfreibetrag. CDU-Chefin Merkel bestritt, dass der neue Freibetrag eine Reaktion auf den Vorwurf der sozialen Schieflage sei. Dieser wird erhoben, weil in dem zweiten Megaplan der Union, dem Herzog-Konzept zur Sozialversicherung, eine hohe Kopfpauschale für jeden Versicherten eingebaut ist, die besonders Geringverdiener belastet. Bislang konnte die Union nicht klar machen, wie sie diese Belastung ausgleichen will. „Da gibt es eine gewisse Lücke“, heißt es in der CDU-Bundestagsfraktion. Das gelte auch für das verbesserte Steuerkonzept.
Zurückrudern musste Friedrich Merz bei der Gewerbesteuer. Die will er eigentlich abschaffen. In seinem ursprünglichen Konzept kam diese Finanzierungsquelle der Städte deshalb nicht mehr vor. Nun steht sie wieder drin. Dies dürfte auf den Druck der Städtelobby innerhalb der Union zurückzuführen sein. Merz sagte, die Union wolle die Gewerbesteuer nur noch so lange akzeptieren, wie es unbedingt sein müsse.
Weil die im Durchschnitt 12-prozentige Gewerbesteuer für Unternehmen einstweilen erhalten bleiben soll, musste Merz seine Vorstellungen bei der Körperschaftsteuer revidieren. Diese soll nun in Zukunft 24 Prozent betragen und nicht 36, wie der Fraktionsvize ursprünglich angepeilt hatte. Die steuerliche Gesamtbelastung für Firmen bleibt damit gleich.
Merz hat sein System der Einfachsteuer in zehn Leitsätzen zusammengefasst. Nicht überall sind sie so radikal, wie der Finanzpolitiker vorgibt. So soll das von vielen Seiten kritisierte Ehegattensplitting erhalten bleiben. Wegen unterschiedlicher Vorstellungen innerhalb der Union sind das Schicksal der Pendlerpauschale und der Eigenheimzulage weiter umstritten.
Während die bayerische CSU eine gewisse Distanz zu den Merz’schen Ideen erkennen lässt, äußerten sich SPD und Grüne kritisch.
Für SPD-Generalsekretär Olaf Scholz ist das Konzept sozial „nicht ausgewogen“. Das Konzept sei „weder sozial noch gerecht“, sagte Grünen-Chefin Angelika Beer. Der Vorschlag bedeute eine „Umverteilung von unten nach oben“.