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Archiv-Artikel

Legale Rüstungsgeschäfte hebeln Waffenembargo aus

Amnesty international erhebt schwere Vorwürfe gegen die Deutz AG. Motoren des Kölner Traditionsunternehmens würden trotz Waffenembargo vom Militär in China und Birma genutzt, behaupten die Menschenrechtsaktivisten. Die Deutz AG betont, sich an die Gesetze gehalten zu haben

Köln taz ■ „Egal, wie hoch die Anforderungen sind“ und „Egal, auf welchem Breitengrad“: „Auf einen DEUTZ kann man sich verlassen“, verspricht die Deutz AG. Das Kölner Unternehmen stellt Motoren her – „für alle Anwendungsbereiche“.

Wie beliebt die Kölner Qualitätsware ist, kann man derzeit auch bei amnesty international nachlesen. Für die Menschenrechtsaktivisten ist das Kölner Traditionsunternehmen ein Beispiel dafür, wie aus Deutschland und der Europäischen Union ganz legal Rüstungsgüter an Staaten geliefert werden, die systematisch die Menschenrechte verletzen. „Lückenhafte Bestimmungen ermöglichen solche Rüstungsgeschäfte, die gegen den Geist bestehender Waffenembargos und des seit 1998 bestehenden EU-Verhaltenskodexes für Waffenexporte verstoßen“, lautet die ai-Kritik. So treiben nach amnesty-Darstellung Deutz-Motoren chinesische Panzer an. Gegen China hat die EU nach dem Tiananmen-Massaker 1989 ein Waffenembargo verhängt, das aber nicht Komponenten wie Dieselmotoren betrifft, die bekanntlich militärisch wie zivil nutzbar sind. Daher kann das chinesische Unternehmen NORINCO seit 1991 in Lizenz Deutzer Dieselmotoren produzieren. Das Unternehmen baut die Motoren unter anderem in den Schützenpanzer WZ551B ein.

Unter Ausnutzung solcher gesetzlicher Lücken sollen auch Deutz-Motoren nach Birma gelangt sein. Die Deutz AG hat laut amnesty in der Ukraine mit der dortigen Rüstungsfirma Kharkiv Morozov den Schützenpanzer BTR-3U entwickelt, der serienmäßig mit dem Deutz-Dieselmotor BF6M1015 ausgestattet ist. Zehn dieser Panzer wurden auch ins fernöstliche Birma geliefert, so dass Deutz-Motoren dort auf diese Weise möglicherweise bei der Unterdrückung der Demokratiebewegung im Einsatz sind.

Bei der Deutz AG bestreitet man den Fall Birma allerdings ganz energisch. Anscheinend habe eine ukrainische Firma einen Vertrag mit der birmesischen Regierung über Panzer mit Deutz-Motoren abgeschlossen, sagt ein Unternehmenssprecher. „Da hat die Deutz AG aber nichts mit zu tun.“ Es gebe weder einen Vertrag mit dieser Firma noch seien Motoren geliefert worden, beteuert das Unternehmen.

Im Falle des chinesischen Unternehmens NORINCO bestätigt auch die Deutz AG, dass diese Firma Deutz-Motoren in Lizenz produziert. Was wäre, wenn sich herausstellen sollte, dass diese tatsächlich zur Aufrüstung des chinesischen Militärs dienen? Dazu mag man sich bei der Deutz AG noch nicht äußern.

Amnesty fordert jetzt, den EU-Verhaltenskodex dahingehend zu ändern, dass Regime wie in Birma nicht mit Dieselmotoren aus Deutschland fahren können. „Die Motoren sind von keiner bestehenden Liste erfasst“, kritisiert Mathias John, Rüstungsexperte bei amnesty international. Es sei Aufgabe der Bundesregierung, solche Gesetzeslücken zu schließen.

Aber auch die einzelnen Unternehmen seien gefragt. „Unternehmen dürfen sich nicht zu Komplizen bei Menschenrechtsverletzungen machen lassen“, betont John. „Ein Unternehmen hat die Verantwortung zu schauen, was mit zugelieferten Teilen passiert.“

Der Deutz AG rät John, sich an den von UN-Generalsekretär Kofi Annan initiierten „Global Compact“ zu halten. Annan fordert darin die Unternehmen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Der Pakt listet zehn Prinzipien auf, nach denen sich alle Unternehmen richten sollten. Prinzip 1 und 2 verlangen von Unternehmen, den Schutz der Menschenrechte „in ihrem Einflussbereich“ zu unterstützen und „sicherzustellen, dass ihr eigenes Unternehmen sich nicht an Menschrechtsverletzungen beteiligt“.

Von „Global Compact“ hat man bei Deutz AG allerdings noch nichts gehört. Wo die Deutz-Motoren überall hingelangten, könne das Unternehmen bei einem „Dual-Use“-Gut wie Motoren letztendlich ohnehin nicht kontrollieren, meint ein Sprecher des Kölner Unternehmens. So könne sich die Deutz AG nur auf die bestehenden Gesetze verlassen. „Wir halten uns natürlich an geltendes Recht“, betont der Firmensprecher. Sich grundsätzlich von Rüstungsunternehmen und Militärs fernhalten will die Firma Deutz AG ohnehin nicht. „Wir beliefern ja auch die Bundeswehr.“

DIRK ECKERT