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Archiv-Artikel

AKW STADE: DIE GRÜNEN HABEN IHREN ERSTEN AUSSTIEGSERFOLG Ein Reaktor wird endlich sicher

Es ist ein historischer Moment: Freitag kommender Woche wird das AKW Stade also vom Netz gehen – endlich. Die Grünen haben den ersten Meiler vom Netz gekriegt, haben etwas von dem erreicht, wofür sie einst auf die Straße und schließlich in die Parlamente gezogen waren. Das ist sicher ein Grund zum Feiern.

Seit 31 Jahren produziert der Stader Reaktor Strom und Angst. Schließlich ist das „Restrisiko“ seiner Technik nicht beherrschbar. Wer aber all die Jahre gegen den als „Schrottreaktor“ geschmähten Meiler zu Felde zog, kann nicht wirklich aufatmen. Wer bei Stade auf den Deich klettert, kann auf der anderen Seite der Elbe zwei weitere Meiler bewundern: die AKWs Brokdorf und Brunsbüttel. Brokdorf soll erst in 15 Jahren abgeschaltet werden – da fließt noch viel Wasser die Elbe hinunter.

Noch lange wird man um den Atomausstieg bangen müssen. Vieles deutet darauf hin, dass bis zu den nächsten Bundestagswahlen 2006 nur noch ein Meiler stillgelegt wird: der in Obrigheim. Der Meiler Biblis A sollte zwar 2006 vom Netz gehen, liegt aber wegen Sicherheitsmängeln schon so lange still, dass die im Ausstiegsplan vereinbarte Reststrommenge nun ausgerechnet bis 2007 reicht – und einer möglichen Wiederwahl der Union.

Das AKW Stade stand lange in der Kritik, weil sein stählerner Reaktorkessel spröde war und ihn magere 60 Zentimer Betonhülle nicht richtig vor Flugzeugabstürzen schützten. Sein eigentliches Problem war aber ein anderes: Stade war zusammen mit dem AKW Würgassen, das bereits demontiert wird, der erste große Leistungsreaktor. Die Sicherheitstechnik während seiner Entwicklung in den Sechzigern stand ziemlich am Anfang. Sie ist viel anfälliger für jene gefährliche Mischung aus menschlichem Versagen und latenten technischen Mängeln, die zusammen eine Kernschmelze auslösen könnten. Der Meiler in Obrigheim ist sogar noch älter und wird bis November 2005 vom Netz gehen. Damit können die Grünen zwar noch immer keinen wirklichen Ausstieg für sich verbuchen. Wenigstens die gefährlichsten Meiler wären aber unschädlich gemacht. MATTHIAS URBACH