: Wiener Finanzmagnat in Untersuchungshaft
Julius Meinl V., bekannter Erbe eines Delikatessenhandels und zuletzt Banker, soll betrogen und unterschlagen haben
WIEN taz ■ Julius Meinl V., einstige Ikone des Kaffee- und Delikatessenhandels in Österreich, sitzt in Untersuchungshaft. Der Finanzmagnat wurde Mittwochabend in Wien überraschend nach einem mehrstündigen Verhör festgenommen.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem Betrug und Untreue vor. Als Haftgrund wird Fluchtgefahr angegeben. Der 50-jährige Erbe eines Feinkostunternehmens ist britischer Staatsbürger und soll ein aufgetanktes Privatflugzeug startbereit gehabt haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelte schon seit mehreren Wochen und prüft Unterlagen, die in mehreren Büros der Immobilienfirma Meinl European Land (MEL) in Wien und Bratislava beschlagnahmt wurden.
Konkret geht es um den Verdacht, dass Gelder der Anleger nicht in Immobilien investiert, sondern benutzt wurden, um über ein kompliziertes Firmengeflecht MEL-Anteile zu kaufen, „um den Kurs künstlich hoch zu halten“, wie Gerhard Jarosch, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, erklärte. Dabei wurde eine karibische Phantomfirma zwischengeschaltet. Außerdem sollen spekulative MEL-Zertifikate in betrügerischer Weise als mündelsicher beworben worden sein. Dazu kommen Finanzmanipulationen und das Kassieren zu hoher Gebühren.
Julius Meinl V. hat die Lebensmittelkette, die das Kerngeschäft des 1862 gegründeten Familienimperiums war, bis auf ein Geschäft in der Wiener Innenstadt verkauft und sich auf teilweise sehr riskante Finanzgeschäfte verlegt. Die Turbulenzen in der MEL und anderen von Julius Meinl gegründeten Finanzgesellschaften begannen bereits 2007. Die Meinl Bank, ein privates Kreditinstitut für vermögende Kunden, steigerte zwischen 2003 und 2006 ihre Bilanzsumme von 659 Millionen auf 5,6 Milliarden Euro. 2008 schrumpfte sie dann von 1,54 Milliarden auf heute 820 Millionen. RALF LEONHARD