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Archiv-Artikel

Städte wollen Kirche verpflichten

Die geplante Auflösung von Kindergartenplätzen seitens der Kirchen wollen die Städte in NRW nicht akzeptieren. Die Kirchen sehen sich jedoch durch sinkende Steuereinnahmen gezwungen

VON NATALIE WIESMANN

Der geplante Abbau von Kindergartenplätzen bei den Kirchen stößt beim Städtetag NRW auf Widerstand: „Die kirchlich getragenen Tageseinrichtungen für Kinder sind über Jahrzehnte mit öffentlichen Geldern gefördert worden“, sagt Gerhard Langemeyer, wiedergewählter Dortmunder SPD-Oberbürgermeister und Vorsitzender des Städtetages. Daraus resultiere aus Sicht der Städte auch die Verpflichtung, sich nicht einseitig aus der Trägerschaft von Einrichtungen zurückzuziehen.

Anlass ist die Ankündigung des Erzbistums Köln, bis zum Jahre 2008 die Bistumszuschüsse für insgesamt 900 Kindergartengruppen zu streichen. Auch die anderen Bistümer in NRW sowie die evangelische Kirchen im Rheinland und Westfalen planen ihr Angebot an Kindergartenplätze zurückzufahren.

Das sei ihr gutes Recht, findet Carsten Horn, Sprecher des Erzbistums Köln: „Wir reagieren damit auf den Rückgang der Kinderzahl“, sagt er. Es sei nicht im Sinne des Subsidiaritätsprinzips, so Horn, dass Kirchen zur Bereitstellung von Kindergartenplätzen verpflichtet werden könnten. Dieses sei so konzipiert, dass kirchliche Einrichtungen ein profiliertes – in diesem Fall ein katholisches – Angebot zur Verfügung stellen würden, mehr nicht. Man könne die Kirche nicht ewig an sich binden, „nur weil sie in der Nachkriegszeit die ersten gewesen sind, die flächendeckend Kindergartenplätze zur Verfügung gestellt haben.“ Die Kirche nehme bereits einen „missionarischen Auftrag“ wahr, wenn 25 Prozent der Kinder in ihren Einrichtungen nicht katholisch getauft seien. „Wir werden für jedes katholische Kind weiterhin einen Platz zur Verfügung stellen“, verspricht Karl Hagemann, Pressesprecher des Bistums Münster. Dass die Kirchen abrupt Kindergartenplätze abbauen wollten, sei „dummes Zeug“. In seinem Bistum sei geplant, bis 2006 lediglich 300 Gruppen abzubauen. Bei 2.600 bestehenden Kindergartengruppen bedeute dies kein massives Zurückziehen seitens der Kirche. Über die Aussagen des Städtetages ärgert sich auch Ulrich Lota, Sprecher des Bistums Essen. „Die betreiben ein Schwarzer-Peter-Spiel“, sagt er. Natürlich zahle der Staat den größten Anteil bei den Einrichtungen der kirchlichen Träger. „Aber ohne die 20 Prozent, die wir dazuschießen, könnten die Städte die Einrichtungen nicht aufrecht erhalten“.

Dass die Einnahmen aus Kirchensteuern sinken, ist ein weiterer Grund, vielleicht der eigentliche Hintergrund für die geplanten Streichungen. Die Einsparungen beschränken sich nicht auf die Kindergartenplätze, in den vergangenen Monaten kündigten beide Kirchen Personalabbau an.

Städtetag-Vorsitzender Langemeyer befürchtet, dass die Kommunen nicht einspringen können. Geplant ist im Rahmen eines Bundesgesetzes, den demographischen Wandel für die Umwandlung von städtischen Kindergärten in Unter-Dreijährigen-Betreuung zu nutzen. „Vor diesem Hintergrund hält der Städtetag es für ausgesprochen problematisch, wenn sich kirchliche Träger aus der Kindertagesbetreuung zurückziehen“, so Langemeyer.

Gabriele Brosda von der Evangelischen Kirche im Rheinland hat zwar Verständnis für die Sorgen der Städte. Dass die Umwandlung von Kindergartenplätzen in solche für Kinder unter drei Jahren so schleppend voran ginge, sei jedoch von den Kommunen selbst verschuldet, sagt Brosda. Das Angebot von Seiten der Protestanten habe bereits länger bestanden, aus finanziellen Gründen wurde dies bisher jedoch abgelehnt.

Langemeyer fordert die Landesregierung auf, zu den drohenden Folgen des kirchlichen Vorhabens Stellung zu beziehen, doch das Land will zwischen den Streitparteien nur moderieren: „Die Gewährleistung des Rechtsanspruches auf einen Kindergartenplatz ist Sache der Kommunen“, sagt Stephanie Paeleke, Sprecherin des Schulministeriums.