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Archiv-Artikel

Kindeswohl in Gefahr

Zweites Gutachten erklärt Kita-Einführungsgesetz auch in Teilen für rechtswidrig. Behörde hätte bestehende Verträge nicht kündigen dürfen

von Kaija Kutter

Das von Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) geplante Kita-Gesetz (EG-KibeG) ist offenbar handwerklich schlecht gemacht. Bereits Anfang Oktober wurde publik, dass der Jugendhilferechtsexperte Christian Bernzen in einem für die Behörde erstellten Gutachten massive Bedenken erhebt. So sei es dem Senat nicht erlaubt, in einem Zug die Entgelte und die Standards für Kinderbetreuung festzulegen.

Nach taz-Informationen kommt nun ein zweites Gutachten, das der Rechtsanwalt Rüdiger Meier für die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (AGFW) erstellt hat, ebenfalls zu dem Schluss, dass das Gesetz in Teilen rechtswidrig ist und sowohl Eltern als auch die Kita-Träger gute Klageaussichten hätten. Inbesondere die um 21 Prozent abgesenkten Personalsschlüssel, die in einigen Segmenten die zeitweise Betreuung von Gruppen mit anderthalb ErzieherInnen vorsieht, reichten an Kindeswohlgefährdung heran. Zudem hätte die Sozialsenatorin im Juni gar nicht erst die gültigen Verträge mit den Kita-Anbietern kündigen dürfen, weil kein ausreichender Grund vorlag.

AGFW-Geschaftsführer Michael Edele wollte sich zum Inhalt des Gutachtens gestern noch nicht äußern. Die AGFW plane die Expertise am Donnerstag, dem Tag vor der für Freitag angesetzten Expertenanhörung im Jugendausschuss, zu veröffentlichen. Spätestens dann dürften die Einwände des ersten Gutachtens zur Sprache kommen. In Kita-Kreisen gilt es als möglich, dass die CDU das EG-KibeG noch vor der für den 27. Oktober geplanten zweiten Lesung in der Bürgerschaft in Teilen korrigiert.

Unterdessen gibt es offenbar noch keinen neuen Stand in den Kita-Verhandlungen. Während sich AGFW und Behörde in der Frage eines pauschalen Entgeltes fast einig sind, was insbesondere eine Verschlechterung für die Beschäftigten der städtischen Vereinigung bedeutet, bleibt es beim Gesamtetat bei dem Senatsangebot von 330 Millionen Euro. Einem Gerücht aus ErzieherInnenkreisen zufolge soll es ein neues Angebot erst nach der nächsten Kita-Demo am Dienstag geben – je nachdem, wie viele tausend Menschen es werden.