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Archiv-Artikel

Noch ‘ne blühende Landschaft

Der Bundestag hat gesprochen, Abrisssenator Strieder kann sich freuen: Der Palast der Republik wird geschleift. Howh! Wenn die beteiligten Baufirmen nicht Pleite machen, kann es 2005 losgehen

von UWE RADA

Wenigstens haben sie den Beschluss nicht am 9. November gefasst. Vorgestern Abend, am 5. November 2003, hat der Haushalts- und Kulturausschuss des Bundestages grünes Licht für den Abriss des Palasts der Republik gegeben. Auf Antrag aller vier Fraktionen. Knapp 14 Jahre nach dem Fall der Mauer und fünf Jahre nach Beginn der Asbestsanierung steht nun fest: Auch in Mittes Mitte entsteht eine blühende Landschaft. Vorerst soll eine Grünfläche den Palast ersetzen. Der Neubau der Schlossfassaden soll nur so weit vorbereitet werden, dass er bei besserer Etatlage rasch umgesetzt werden kann.

Die Entscheidung kam nicht unerwartet. Schon beim Beschluss des Bundestages, auf dem Platz ein „Humboldt-Forum“ samt barocker Fassade zu errichten, stand fest, dass der Palast weichen muss. Offen war nur, wie viel an Inneneinrichtung übrig bleiben und wann der Abriss beginnen würde.

Zumindest Letzteres ist jetzt klar, wie Bausenator Peter Strieder (SPD) mitteilte. Bis Ende Januar soll ein Ingenieurbüro mit der Planung des Abrisses beauftragt werden. Im Juni dann werde der Abriss ausgeschrieben, so dass mit dem tatsächlichen Abbruch aller Voraussicht nach im Frühjahr 2005 begonnen werden könne. Der Palast der Republik, 1976 erbaut, würde dann seinen 30. Geburtstag nicht mehr erleben. Doch Abrissfreund Strieder sollte sich nicht zu früh freuen. Pleiten von Baufirmen begleiten den Bausenator inzwischen wie Motten das Licht.

Doch nicht nur die Pleitewelle der Bauwirtschaft könnte dem Abriss im Weg stehen, sondern auch die Haushaltspleite des Landes. Von den geschätzten Abrisskosten in Höhe von 20 Millionen Euro muss Berlin 36 Prozent, also 7 Millionen Euro übernehmen. „Ich sehe derzeit nicht, dass das angesichts der Haushaltslage realisierbar ist“, sagte dazu Kultursenator Thomas Flierl (PDS) der taz. Er warnte darüber hinaus, mit dem Abriss zu beginnen, ohne den Bau des Humboldt-Forums gesichert zu haben. „Strieders Grünplan sollte skeptisch machen“, orakelte der ehemalige Baustadtrat von Mitte, wohl wissend, was es heißen kann, abzureißen, ohne sofort wieder aufzubauen. Auf dem Gelände des Stadions der Weltjugend jedenfalls war zehn Jahre lang eine Brache. Nun soll’s der Bundesnachrichtendienst retten. Vielleicht zieht an die Stelle des Palastes in zehn Jahren ja das Oberkommando der Bundeswehr. Bis dahin aber kann in Mittes Mitte noch einmal der Tanz auf dem Vulkan geprobt werden. Einer Zwischennutzung der Palastruine steht der Abrissbeschluss nicht im Wege, beteuern die Beteiligten unisono.

Auch die Finanzierung der Planung für das Humboldt-Forum ist nun in Sack und Tüten. Sie wird von Bundesbauminister Manfred Stolpe (SPD) übernommen. Aber auch der ist ja, wie Parteikollege Strieder, so ein Pleiten-, Pech- und Pannen-Minister. Und dann ist da ja noch die Sache mit dem Graffitischutz.