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Archiv-Artikel

EU beklagt das Dosenpfand

Kommission beschließt Klage, gewährt Berlin aber eine Dreimonatsfrist, um strittige Rücknahme zu regeln. Zudem will Brüssel Öffnung des Postmarkts erzwingen

BRÜSSEL/BERLIN dpa/epd ■ Im Streit über das Dosenpfand hat die EU-Kommission eine Klage gegen Deutschland beschlossen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) werde aber frühestens in drei Monaten angerufen, um der Bundesrepublik die Anpassung des umstrittenen Rücknahmesystems zu ermöglichen, teilte die Kommission gestern mit. Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein und Umweltkommissarin Margot Wallström sprachen von einer Grundsatzentscheidung, da es sich um einen schweren Verstoß gegen den freien Warenverkehr handele. Die verschiedenen Rücknahmesysteme benachteiligten ausländische Mineralwasseranbieter.

Die Klage zielt nicht auf das Dosenpand an sich, sondern nur auf die Praxis der Rücknahme. Bolkesteins Sprecher erklärte den dreimonatigen Aufschub damit, dass es starke Hinweise aus Berlin gebe, dass ernsthaft die Änderung der Rücknahmepraxis erwogen werde. Nach Ansicht von Bundesumweltminister Jürgen Trittin liegt es in der Hand der Bundesländer, ob die EU-Kommission gegen die Dosenpfandregelung klagt oder nicht. Wie Trittin seien ja bereits einige Länder dafür, die „Insellösung“ einzuschränken, bei der Discounter nur eigene Dosen annehmen, sagte seine Sprecherin. Es liege an den Ländern, eine Regelung zu finden, die die Kritik der EU-Kommission aufgreife.

Mit einem Ultimatum an die Bundesregierung will die EU-Kommission die Öffnung des deutschen Postmarkts erzwingen. Konkurrenten der Deutschen Post AG werden beim Sammeln, Sortieren und Frankieren von Sendungen rechtswidrig benachteiligt, entschied die Kommission gestern bei der Eröffnung eines EU-Verfahrens.

Danach gehört die Postvorbereitung nicht zum geschützten Monopolbereich der Deutschen Post, die über das alleinige Recht verfügt, Briefe mit einem Gewicht unter 100 Gramm zuzustellen. Berlin hat nun zwei Monate Zeit, entsprechende Rechtsänderungen zu veranlassen. Falls die Regierung nicht damit einverstanden ist, kann sie – anders als sonst in Vertragsverletzungsverfahren – selbst beim EuGH klagen. Die Post kommentierte den Schritt Brüssels nicht. Das Verfahren richte sich gegen die Bundesregierung, nicht gegen die Post, sagte ein Sprecher.