: Der EU-Beitritt der Türkei kommt
betr.: „Minus für Merkel“, taz vom 18. 10. 04
So optimistisch wie Eberhard Seidel würde ich das Nichtstattfinden der CSU/CDU-Kampagne gegen den EU-Beitritt der Türkei nicht sehen. Hätten manche CDUler mit Merkel nicht noch eine Rechnung offen, wäre die Kampagne gut abgestimmt gewesen, und hätte nicht just die NPD sich angebiedert – die Unterschriftenaktion wäre um einiges wahrscheinlicher gewesen. Insbesondere Jürgen Rüttgers („Kinder statt Inder“) heuchelt was das Zeug hält – in Wahrheit wäre es nur kontraproduktiv zum zweiten Mal in Folge vor einer Landtagswahl rassistisch aufzufallen.
Tatsache ist: Mit dem Bild des Türken an der Tür zur EU lassen sich bis in die gesellschaftliche Mitte auch heute noch Ressentiments schüren. Ein paar Sachen sollte man mal festhalten:
1. Die EU ist keine Religionsgemeinschaft, sondern eine Wirtschaftsgemeinschaft auf dem Weg zu einer politischen Union.
2. Der EU-Beitritt der Türkei kommt so sicher wie das Amen in der Kirche.
3. Beim Zeitpunkt für den Beitritt herrscht keine Eile. Diesen hat eher die Türkei in der Hand – sollte sie die Menschen- und Minderheitenrechte ernst nehmen, aufhören zu foltern und Frauen gleichberechtigen wollen, dann steht dem Vorhaben kaum noch was im Weg, am wenigsten – auf ganz Europa gesehen – die Befindlichkeit der CSU/CDU und deren WählerInnen. INGO KINDGEN, Bergheim
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