Israel beschließt Gefangenenaustausch

Israel und die libanesische Hisbullah planen einen Deal: Dabei sollen auch 430 arabische Gefangene freikommen

JERUSALEM taz ■ Das Kabinett in Jerusalem hat gestern über einen geplanten Gefangenenaustausch mit der libanesischen Hisbullah debattiert. Mit Hilfe deutscher Vermittlung ist bereits eine grundsätzliche Einigung erreicht worden. Dabei geht es um den Austausch eines noch lebenden israelischen Zivilisten sowie die sterblichen Überreste dreier Soldaten im Gegenzug zur Freilassung insgesamt 430 arabischer Gefangener, darunter der beiden führenden Hisbullah-Aktivisten Mustafa Dirani und Scheich Abd-el Karim Obeid. Sie stehen im Verdacht, den seit 17 Jahren vermissten israelischen Flugnavigator Ron Arad vorübergehend in ihrer Gewalt gehabt zu haben und waren von Israel entführt worden, um Informationen über Arads Schicksal zu erpressen.

„Heute beginnt Rons Beerdigungszug“, sagte Tami Arad, die Ehefrau des vermissten Navigators, wenige Stunden vor der Regierungsentscheidung gegenüber der „Stimme Israels“. Sobald Dirani entlassen sei, gäbe es für Arads Wächter keinen Grund, ihn am Leben zu lassen. Jüngsten Berichten zufolge deuten alle Indizien darauf hin, dass Ron Arad bis zum Jahr 2000 noch am Leben war und vermutlich im Iran festgehalten wurde. Meir Gilboa, Direktor der staatlichen Untersuchungsabteilung, geht davon aus, dass „seither nichts passiert ist und er noch immer lebt“. Der geplante Deal verpflichtet Hisbullah, Informationen über das Schicksal des vermissten Israelis einzuholen und an Jerusalem weiterzuleiten.

Awi Dichter, Chef des Inlandsgeheimdienstes Schin Beth, glaubt, dass die Hisbullah ihren Verpflichtungen nachkommen wird, und riet den Ministern, dem Handel zuzustimmen. Die Entlassung von rund 400 palästinensischen Gefangenen sei „tragbar“, da keiner von ihnen „Blut an den Händen“ habe. Bedingung für die Entlassung von 20 libanesischen Inhaftierten war, dass sie nicht an Übergriffen gegen Zivilisten in Israel beteiligt waren. Das trifft zumindest auf Samir Kuntar nicht zu. Er war im April 1979 für den Tod eines Israelis und seiner beiden Töchter mitverantwortlich. Die Regierung verlangt, ihn von der Liste zu streichen. Hisbullah droht, dass es ohne Kuntar keinen Handel geben werde.

Seit 1979 stimmte Israel sechsmal einem Gefangenenaustausch zu. Besonders bitter ist die Erfahrung mit dem „Dschibril-Deal“, als 1985 1.150 palästinensische Gefangene im Gegenzug für drei Soldaten in Geiselhaft getauscht wurden. Die entlassenen Palästinenser gehörten später zu den zentralen Anführern der Intifada. SUSANNE KNAUL