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Archiv-Artikel

Gesichter des Widerstands

Angelika Ebbinghaus forscht seit langem gemeinsam mit Karl-Heinz Roth über die Nazizeit. Am Dienstag präsentieren die beiden ihr neues Buch. Sein Thema: der Widerstand

Die beiden Zeithistoriker Angelika Ebbinghaus und Karl-Heinz Roth leben in Bremen. Gemeinsam geben sie die Fachzeitschrift „Sozial.Geschichte“ heraus. Nun legen sie den Sammelband „Rote Kapellen – Kreisauer Kreise – Schwarze Kapellen“ vor. Gemeinsames Thema der Aufsätze: die Widerstandskreise in der Zeit des Nationalsozialismus.

taz: Was interessiert Sie an der Geschichte des Widerstands?

Angelika Ebbinghaus: Ich habe lange über Täter geforscht – da ist man am Ende selber ganz depressiv. Die Beschäftigung mit dem Widerstand macht Mut. Gute Bücher entstehen zudem manchmal per Zufall. Das ist auch bei meinem Beitrag über den Kreisauer Kreis so gewesen. Ich wollte eigentlich etwas über die Frauen schreiben. Dabei hatte ich Kontakt zu der 92-jährigen Freya von Moltke und dadurch bin ich zu den Kreisauern gekommen. Diese Gruppe war von ihren Persönlichkeiten her außergewöhnlich – auch wie die miteinander umgegangen sind und Entscheidungen getroffen haben. Die wollten den Nationalstaat überwinden. Damit waren sie ihrer Zeit weit voraus.Das Buch betrachtet aber auch den Widerstand der kleinen Leute, der Militäropposition und der „Roten Kapelle“. Unterschiedlich ist die Entstehungszeit. So gab es den Widerstand der kleinen Leute von Anfang an.

taz: Während die heute immer wieder gefeierten Helden des 20. Juli anfangs noch mitgemacht haben?

Der so genannte bürgerliche Widerstand war zunächst eine loyale Opposition, teilweise auch antisemitisch oder hatte außenpolitisch ähnliche Vorstellungen wie Hitler. Erst als der Krieg verloren zu gehen drohte, gab es radikale Brüche. Die Ausnahme ist der Kreisauer Kreis.

taz: Insgesamt ist aber doch deprimierend, wie schwach der Widerstand war.

Es waren immerhin zehn Prozent in allen Schichten der Bevölkerung! Das ist unter solchen Bedingungen, wo jeder und jede doch sehr viel riskiert hat, viel.

Kann man die Militärs, die in Erwartung der Niederlage in die Opposition gingen, mit denen vergleichen,die früh ihr Leben riskiert haben?

Karl-Heinz Roth stellt die militärische Opposition in ihrer Entwicklung dar. Wo sie mitschuldig wurde, und wie Einzelne vor dem Hintergrund ihrer Kriegserfahrung mit dem Regime gebrochen haben, sich lösen konnten. Das ist manchmal richtig spannend.

Was wollen Sie am Dienstag machen?

Wir lesen und beschreiben unsere Arbeit. Ich werde vielleicht über meinen Briefwechsel mit Freya von Moltke berichten. Karl-Heinz Roth wird die Komplexität der Militäropposition erläutern.

INTERVIEW: Klaus Wolschner

Buchpräsentation morgen, 19 Uhr, Villa Ichon, Goetheplatz.