: Ein gymnasiales Gerangel
Schulkompromiss geplatzt: Bei den neuen Gesamtschulen ist die CDU der SPD entgegengekommen – es sollen sechs werden. Nun fordert die CDU Entgegenkommen der SPD bei den gymnasialen Bildungsgängen
Bremen taz ■ Gestern Mittag sollte eigentlich der bildungspolitische Kompromiss vorgestellt werden – CDU und SPD hatten sich am Abend vorher zu einer langen Verhandlung zusammengesetzt. Doch dann wurde die Pressekonferenz kurzfristig abgesagt. „Das wird noch Streit geben“, prognostiziert CDU-Bildungspolitiker Claas Rohmeyer. „Nur um Details“, winkt der Sprecher des Bildungssenators ab.
Wo sollen neue Gesamtschulen („Integrierte Stadtteilschulen“) entstehen, wo Modellprojekte einer sechsjährigen Grundschule, wohin soll die Oberstufe der Gesamtschulen? Unproblematisch war in den Verhandlungen das Thema Grundschule: Die Grundschulen Borchshöhe, Fischerhuder Straße und Lüssumer Ring wollen und sollen sechsjährig werden. Die Grundschulen in Grambke und „Alter Postweg“ in Hastedt arbeiten schon mit diesem Modell. Schwieriger war schon die Frage, an welchem Standort die in den Koalitionsverhandlungen beschlossene spezielle Oberstufe für die Gesamtschulen eingerichtet werden soll. Bildungssenator Willi Lemke hatte sich auf den Standort Delmestraße festgelegt, die Schulleitung soll identisch mit der Schulleitung Leibnizplatz sein. Die CDU hatte dagegen noch einmal den Standort Rübekamp in Walle ins Spiel gebracht, dorthin gehen derzeit schon viele Gesamtschüler. In den Verhandlungen einigte man sich dann aber auf die Delmestraße. Im Gegenzug stimmte die SPD-Seite dem Wunsch der CDU zu, in der Neustadt einen zusätzlichen Gymnasialstandort anzubieten. In den letzten Jahren wanderten viele Gymnasial-Schüler aus der Neustadt an Schulen rechts der Weser ab.
Hauptkonfliktpunkt war die Frage, welche drei Schulen sich zu „Integrierten Stadtteilschulen“, also Gesamtschulen mit höherer Klassenfrequenz als die alten Gesamtschulen, entwickeln dürfen. Die Antwort der Koalitionsrunde: Sechs Schulen sollen diesen Weg gehen. Die Schulzentren Bergiusstraße, Pestalozzi-Straße und „In den Sandwehen“ ganz offiziell, die Standorte Theodor-Billroth-, Brok- und Otto-Braun-Straße als „Dependance“ benachbarter Schulen.
Bei so viel Entgegenkommen der CDU stellt sich die Frage, was die Einigung kostet. In der Koalitionsvereinbarung steht, alle gymnasialen Bildungsgänge sollten in zwölf Schuljahren zum Abitur führen, das schließt die Schulzentren der Sekundarstufe I ein. Wenn es an einem solchen Schulzentrum nur eine Gymnasial-Klasse gibt, soll die geschlossen werden; an Schulzentren mit breiterem Gy-Spektrum soll die Phase der „Mittelstufe um ein Jahr verkürzt werden wie an durchgehenden Gymnasien.“ De facto sprengt das die Schulzentren, weil alle Gymnasialklassen wie „Schnellläufer“ behandelt werden müssen und ein Wechsel aus einer integrierten Haupt- und Realschulklasse in eine Schnellläufer-Gymnasial-Klasse kaum vorstellbar ist. An diesem Punkt hat es dem Vernehmen nach zwischen SPD und CDU gehakt. Denn sinnvoll ist bei einem verkürzten Curriculum eine durchgehende Struktur von der 5. bis zur 12. Klasse.
Die „Schulzentren“ sind offenbar ein Auslaufmodell aus früheren SPD-Reformkonzepten. Die CDU scheint darauf zu drängen, dass dies auch offiziell festgestellt wird. Klaus Wolschner