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Archiv-Artikel

Feindliche Übernahme der Umwelt

Baubehörde plant Einverleibung der Umweltbehörde, um an deren Rücklagen für Öko-Projekte zu kommen. Damit sollen eigene Vorhaben für die wachsende Stadt bezahlt werden. Finanz- und Wirtschaftsbehörde helfen nicht uneigennützig mit

von SVEN-MICHAEL VEIT

Hamburgs Umweltbehörde droht die Zerschlagung. Hinter den Kulissen wird eifrig daran gewerkelt, das Amt für Umweltschutz und vor allem das Amt für Naturschutz und Landschaftspflege unter die Kuratel der Baubehörde zu stellen. Und zugleich ihr „Sondervermögen Naturschutz und Landschaftspflege“ (siehe Kasten), das flüssige Mittel und Forderungen in Höhe von mindestens 30 Millionen Euro enthält – in Zeiten knapper Kassen eine Summe, die begehrliche Blicke auf sich zieht.

Dieses Vermögen darf gesetzlich zwar nur für die „Aufwertung von Naturhaushalten“ verwendet werden, doch ist dies ein dehnbarer Begriff. Nach taz-Informationen gibt es mindestens drei Versuche, diese Rechtsvorschrift „elastisch“ auszulegen. Als „Alarmsignal“ werten Ohren- und Augenzeugen denn auch Auftritte von Bausenator Mario Mettbach (Schill) vor Bezirkspolitikern, bei denen er sich jüngst „als Retter der Natur aufspielte“.

Mettbachs Oberbaudirektor Jörn Walter würde aus diesem Fonds gerne etwas für die Internationale Bauausstellung (IBA) 2013 abzweigen. Diese will Walter ausweislich eines der taz vorliegenden Papiers mit der Internationalen Gartenbauausstellung (IGA) im selben Jahr in Wilhelmsburg kombinieren.

In der Konsequenz könnte die IGA, von der Umweltbehörde bezahlt, zur schmückenden Grünfläche für die IBA verkommen. Walter war gestern für eine Stellungnahme nicht erreichbar. „Wir sind friedlich im Gespräch mit der Baubehörde“, sagt Umweltbehörden-Sprecher Volker Dumann, „bei vielen Projekten, die mit dem Sprung über die Elbe nach Süden zu tun haben.“

Im Müggenburger Zollhafen nördlich der Veddel stehen mehrere Brücken zur Sanierung an. Das Amt für Strom- und Hafenbau in der Wirtschaftsbehörde möchte diese aus Kostengründen durch Dämme ersetzen, das Umweltamt die Wasserflächen und den Durchfluss erhalten. Der Kostenunterschied liegt bei etwa 13 Millionen Euro. Die Brücken könnten erhalten bleiben, ließ Strom- und Hafenbau durchblicken, wenn die Umweltbehörde dafür aufkomme.

„Ein klarer Rechtsverstoß“, kommentiert einer, der sich in der komplizierten Materie bestens auskennt. Geld aus dem Sondervermögen dürfe nur „zur Verbesserung des bestehenden Zustands“ ausgegeben werden, „nicht zum Erhalt des Status Quo“. Für „konstruktive Vorschläge, wo das Geld herkommen soll, sind wir offen“, kommentiert Christian Saadhoff, Sprecher der Wirtschaftsbehörde. Die Dämme aber seien billiger, und sein Haus investiere „lieber in einen neuen Containerterminal“ als in ein altes Hafenbecken.

Besonders elegant ist eine Idee, deren Urheber in der Liegenschaft der Finanzbehörde sitzen sollen. Die Umweltbehörde solle verpflichtet werden, wertlose öffentliche Grünstreifen neben Straßenbaumaßnahmen zu überhöhten Preisen aufzukaufen. Diese Summen würden der Finanzbehörde gut geschrieben und der Umweltbehörde angekreidet. „In seiner Perfidie fast genial“, kommentiert der von der taz konsultierte Experte. Das würde die Umweltbehörde „auf mittlere Sicht handlungsunfähig“ machen. Deren Degradierung zur Abteilung einer ehrgeizigeren Behörde sei dann der logische nächste Schritt.

Genau das, vermuten einige Kritiker, sei das Motiv. Andere wollen gar von „konkreten Absprachen auf Senatorenebene“ zwischen Mettbach und seinem Umweltkollegen Peter Rehaag (auch Schill) wissen. Letzterer habe dies gegenüber der Deputation seiner Behörde noch am Montag zurückgewiesen. Über „eine Verlagerung von Aufgaben“ aus seinem Hause sei ihm nichts bekannt, habe Rehaag behauptet. Und dabei „ganz treuherzig geguckt“.