Strahlenalarm im Bremer Süden

Im Schulzentrum Huchting ergaben Messungen erhöhte Werte bei der Radar- und Mobilfunkstrahlung. Gesundheitlich gefährlich sei das nicht, sagt das Gesundheitsamt. Die Schüler haben trotzdem Kopfschmerzen und klagen

Bremen taz ■ Hier in der Schule könnte man sterben und den Mobilfunk-Firmen wäre das egal. So sprach ein erboster junger Mann, und Mitschüler spendeten Beifall. Von denen saßen gestern mehrere hundert in der Aula des Schulzentrums Huchting, um mit Behördenvertretern über erhöhte Mobilfunk- und Radarstrahlung in ihren Räumen zu sprechen. Von den Mobilfunkunternehmen kam niemand.

Zuvor hatte ein unabhängiger Umweltanalytiker gemessen und festgestellt: Vor allem im fünften Stock der Schule waren die Strahlenwerte ungewöhnlich hoch – worüber die Schulleitung jetzt Schüler und Behörden informierte. Doch Gesundheitsamt und Baubehörde gaben Entwarnung: Die Strahlung liege nicht über dem zulässigen Grenzwert – wohl höher als der so genannte Vorsorgewert.

Den haben verschiedene Forschungseinrichtungen wie das Ecolog-Institut in Hannover festgelegt, weil sie davon ausgehen, dass schon geringere Strahlenmengen als der offizielle Grenzwert schädlich sein könnten. Wissenschaftlich bewiesen ist dies nicht. Der Ecolog-Wert liegt bei einem Bruchteil der amtlichen Obergrenze.

Die Strahlung in Huchting kommt von insgesamt 15 Antennen der Mobilfunkanbieter E-Plus, T-Mobile und O2 auf Hausdächern rund um die Schule. Sie strahlen teilweise direkt auf die Gebäude ab – wo die Schüler selbst im Keller guten Empfang haben. Die Freude darüber aber ist gering, vielmehr schimpfen die Jugendlichen, sie würden „verstrahlt“. Diese Einschätzung teilte Matthias Ross vom Gesundheitsamt gestern nicht: „Es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass die Gesundheit bei Strahlung unterhalb des Grenzwertes leidet.“ Zwar hätten auch schwache Strahlen Auswirkungen und könnten beispielsweise Gehirnströme beeinflussen. Dass dies aber Kopfschmerzen erzeuge, über die die Schüler klagen, sei nicht belegt. In der Schule läge die Handy-Strahlung bei rund 0,6 Prozent des Grenzwertes, die neuen UMTS-Signale bei maximal 0,73 Prozent, so Ross.

Nicht verkneifen konnten sich die Behördenvertreter den Hinweis, dass die Antennen mit nur jeweils 20 Watt sendeten, eigene Mobiltelefone aber schon mit zwei Watt – und zwar direkt am Kopf. „Durch die Antennen werde ich aber dauerhafter Strahlung ausgesetzt, während ich sonst ja selbst entscheide, ob ich einmal im Jahr mein Handy benutze“, entgegnete ein Schüler – während es in der Tonanlage der Aula vernehmlich ratterte. Ein Mitschüler tätigte offenbar gerade sein jährliches Handy-Gespräch, andere Gesundheitsbewusste verließen gelangweilt die Aula, um zu rauchen.

Doch blieb der Huchtinger Strahlengipfel nicht ohne Ergebnis. Tom Lecke-Lopatta von der Baubehörde versprach, mit den Mobilfunk-Anbietern darüber zu sprechen, die Antennen anders auszurichten. Einfach verjagen kann Lecke-Lopatta die Mobilfunk-Firmen nicht, solange sie nicht gegen die amtlichen Grenzwerte verstoßen. Zwar gilt: Antennen sollten nicht in der Nähe von Kindergärten oder Schulen stehen. Aber das ist kein Gesetz, sondern wird von der Stadt mit den Anbietern ausgehandelt – auf freiwilliger Basis. Die Antennenanlage in Huchting war schon in Betrieb, als der Senat 2001 entschied, das Gespräch mit den Anbietern zu suchen. Weitere drei Antennen sollen im kommenden Jahr dazukommen – auch das lässt sich baurechtlich nicht verhindern.

Als weitere Maßnahme wird diskutiert, ob in der Schule statt der Einfachfenster Doppelglas mit einer Metallbeschichtung eingebaut wird. Die Beschichtung würde einen großen Teil der Strahlung abhalten. Telefonieren könnte man in der Schule dann immer noch, denn bei Bedarf bahnt sich die Strahlung ihren Weg zum Handy. Im so richtig gesunden Funkloch sitzen die Huchtinger Schüler also auch künftig nicht. Dorothea Siegle