piwik no script img

Archiv-Artikel

Koalition drängt bei Tempodrom

SPD und PDS halten CDU vor, Ausschussarbeit zu verzögern. Sie präsentieren Zeitplan und drohen, mit ihrer Mehrheit die Zeugenvernehmung 2005 zu beenden

Die rot-rote Koalition hat gestern den Vorsitzenden des Tempodrom-Untersuchungsausschusses, Michael Braun (CDU), heftig angegriffen. Die Abgeordneten Dilek Kolat (SPD) und Carl Wechselberg (PDS) warfen ihm vor, die Ermittlungen aus taktischen Gründen bis ins Wahljahr 2006 verzögern zu wollen. Sie präsentierten einen Zeitplan bis nächsten März und halten einen Abschlussbericht bis zum Sommer 2005 für möglich. Wechselberg drohte, die Koalition könnte ein Ende der Arbeit durchsetzen, wenn die Opposition nicht mitzieht. Braun lehnte gegenüber der taz den Zeitplan ab und wies die Vorwürfe zurück.

Der im Februar vom Abgeordnetenhaus eingesetzte Ausschuss versucht seit knapp acht Monaten, parallel zur Staatsanwaltschaft zu klären, wer für die Kostenexplosion beim Tempodrom verantwortlich ist. Der 2001 fertig gestellte und fast ausschließlich mit öffentlichen Geldern finanzierte Kulturbau hatte rund 33 Millionen Euro und damit doppelt so viel wie geplant gekostet. Ende Oktober sollte der Ausschuss eigentlich einen Abschlussbericht vorlegen.

SPD-Frau Kolat hielt Braun gestern vor, er wolle so lange wie möglich Ausschusschef bleiben, weil ihm die damit verbundene Öffentlichkeit „andere Vorteile“ bringe. Auf Nachfrage konkretisierte sie, Braun wolle damit Ambitionen auf den CDU-Fraktionsvorsitz befördern.

Braun wies das zurück. Den Zeitplan hält er für unrealistisch: „Wir befinden uns nach wie vor am Beginn der Untersuchung.“ Kolat und Wechselberg wollen zu den bisher 18 Zeugen weitere 26 hören und sich ansonsten auf 9 weitere schriftliche Aussagen bei der Staatsanwaltschaft verlassen. Braun hingegen spricht von mindestens 65 Zeugen. Schriftliches reicht ihm nicht aus.

Kolat und Wechselberg deuteten an, dass SPD und PDS die Zeugenvernehmung mit ihrer Ausschussmehrheit beenden könnten. Zwar ist vorgeschrieben, dass in Untersuchungsausschüssen die Regierungsmehrheit nicht schlicht die Opposition abblocken darf. SPD und PDS legten dazu eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vor, die sich mit einer entsprechenden Klage gegen die rot-grüne Bundesregierung beschäftigt. Wenn die CDU die Ausschussarbeit verzögere, „werden wir uns der Mittel, die uns als Mehrheit gegeben sind, bedienen müssen“, sagte Wechselberg.

Braun kündigte für diesen Fall an, zum Verfassungsgericht zu gehen. „SPD und PDS werden die Debatte um die Verantwortung beim Tempodrom nicht tottreten können.“ STEFAN ALBERTI