: Der Osten interessiert nicht mehr
Berlins Osteuropabeauftragter hört zum Jahresende auf. Zuletzt war es immer wieder zu Konflikten mit dem Regierenden Bürgermeister Wowereit gekommen. Einen Nachfolger gibt es offenbar nicht
VON UWE RADA
Berlin wird im kommenden Jahr keinen Osteuropabeauftragten mehr haben. Der bisherige Beauftragte des Senats, Wolfram O. Martinsen, wird zum Ende des Jahres sein Amt niederlegen. Dies bestätigte Martinsen gestern der taz. Zuvor hatte der ehemalige Siemens-Manager, der seit fünf Jahren Berlins Osteuropaaktivitäten koordiniert, den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) über seine Entscheidung informiert.
Der 64-jährige Martinsen begründete seinen Schritt gestern damit, sich etwas mehr zur Ruhe setzen zu wollen. Tatsächlich hatte es aber in der Vergangenheit immer wieder Konflikte zwischen dem Regierenden Bürgermeister und seinem Osteuropabeauftragten gegeben. Zuletzt hatte Martinsen im April öffentlich gesagt, seine Arbeit würde er eher gegen das Rote Rathaus als mit ihm durchsetzen. Grund war Wowereits Weigerung, zur EU-Erweiterung am 1. Mai an die deutsch-polnische Grenze zu reisen. Wowereit nahm lieber an einer Gala im Konzerthaus am Gendarmenmarkt teil.
Nach Informationen der taz könnte Martinsen mit seinem gestrigen Schritt Wowereit allerdings zuvorgekommen sein. Zwar arbeitete der Osteuropabeauftragte sowohl unter Eberhard Diepgen als auch für den rot-roten-Senat als ehrenamtlicher „One-Dollar-Man“. Doch sein Büro sowie die zahlreichen Auslandsaufenthalte verursachten auch Kosten. Diese wurden bislang von der Wirtschaftsförderung Berlin und damit dem Hause von Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) getragen.
Dort sucht man inzwischen aber nach einer anderen Lösung. Der Grund: Mit der Zusammenlegung der alten Wirtschaftsförderung mit der ehemaligen Berliner Außenhandelsorganisation BAO Berlin wurde einer alten Forderung Martinsens Rechnung getragen und eine einzige Anlaufstelle für Investoren aus Mittel- und Osteuropa aufgebaut. „Wenn der Regierende Bürgermeister auch in Zukunft einen Osteuropabeauftragten haben will, muss er ihn selbst bezahlen“, meinte deshalb gestern Wolfs Sprecher Christoph Lang. Lang lobte zugleich die Rolle von Martinsen als Türöffner für die Berliner Politik.
In der Senatskanzlei wollte man gestern dazu allerdings nicht Stellung nehmen. Nach Informationen der taz hatte die Senatskanzlei aber bereits signalisiert, dass sie die Kosten für den Beauftragten nicht übernehmen wolle. Es ist deshalb auch unwahrscheinlich, dass es im nächsten Jahr einen Nachfolger für Martinsen gibt.
Martinsen selbst gab sich gestern so diplomatisch wie optimistisch: „Wenn all die Dinge, die wir angeschoben haben, ins Rollen kommen, braucht es auch keinen eigenen Beauftragten mehr, der das koordiniert.“