Gefährdetes Gut

„Reporter ohne Grenzen“ veröffentlicht wieder die weltweite Rangliste der Medienfreiheit. Im Irak sehen die USA sehr schlecht aus, in Europa Italien

VON STEFFEN GRIMBERG

Die Arbeitsbedingungen für JournalistInnen sind in den von den USA besetzten Gebieten im Irak schlechter als in Afghanistan. Das schlechte Abschneiden im aktuellen Pressefreiheits-Index der Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF), der die besetzten Gebiete der USA und Israels separat bewertet, begründet RSF mit der hohen Zahl der vom US-Militär getöteten Medienmitarbeiter. „Sechs Journalisten sind durch US-Militär getötet worden, ohne dass es bisher eine ordentliche Untersuchung der Vorfälle gegeben hätte“, so RSF. Außerdem hätte die irakische Übergangsregierung weiterhin keine allgemeine Garantie für Pressefreiheit geschaffen, sondern sei in „autoritärer Art und Weise gegen arabische TV-Nachrichtensender vorgegangen, deren Berichterstattung sie als pro-terroristisch ansehen“.

Mit Rang 108 liegen die USA im Irak noch hinter dem weiterhin instabilen Afghanistan (97) und dem autoritären Regime in Kuwait (103). Die von Israel besetzten Gebiete in Palästina liegen auf Platz 115, die Palästinensische Administration von Jassir Arafat noch schlechter (127). Das US-Mutterland (22) und Israel (44) schneiden ähnlich wie 2003 ab. Der dritte Pressefreiheits-Index verzeichnet insgesamt eine Verschlechterung der Bedingungen für Pressefreiheit in den arabischen Staaten und Ostasien. Russland liegt weit hinten (140), Schlusslicht ist wie in den Vorjahren Nordkorea.

Die nordeuropäischen Staaten, die Niederlande, die Schweiz und die Slowakische Republik bilden die Spitzengruppe. Deutschland (Platz 11) folgt knapp dahinter. Schlusslicht der EU-Staaten sind Italien und Spanien (beide 39). In Italien beeinträchtige das Medienimperium von Premierminister Silvio Berlusconi weiterhin die Unabhängigkeit des Rundfunks. Außerdem verzeichnete RSF diverse Gerichtsurteile, die die Pressefreiheit einschränkten. Spanien schneidet wegen der wieder aufgeflammten Terrorkampagne von ETA gegen ETA-kritische JournalistInnen schlechter ab. Ebenfalls stark abgerutscht ist Belgien. Hierfür zeichnet vor allem die vor allzu viel Transparenz zurückschreckende Brüssler EU-Verwaltung verantwortlich. Die Abwertung erfolgte wegen der vorübergehenden Verhaftung des Brüssler Stern-Korrespondenten Hans-Martin Tillack. Tillack hatte über finanzielle Unregelmäßigkeiten bei der EU berichtet und die EU-interne Anti-Korruptions-Aufsicht OLAF scharf kritisiert.

Nach OLAF-Darstellung soll Tillack EU-Funktionären Geld für vertrauliche Informationen angeboten haben, was dieser kategorisch bestreitet. Die belgische Polizei hatte ihn daraufhin im März und April verhört, seine Wohnung wie sein Büro mehrfach durchsucht und Recherchematerial beschlagnahmt.

vollständiges Ranking: www.rsf.org, www.reporter-ohne-grenzen.de