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Archiv-Artikel

Tricksen, täuschen und trödeln

Bis zu 19 Stunden sollen Castor-Demonstranten auf den Richter gewartet haben. „Skandalös“, sagt ihr Anwalt, „Verfahrensverschleppung“, sagen die Grünen

Hannover taz ■ „Optimal verlaufen“ sei der Einsatz seiner Beamten in und um Gorleben, freute sich Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU). Von „einem rechtsstaatlichen Vorgehen der Polizei kann keine Rede sein“, wütete hingegen gestern Arne Timmermann, der als Anwalt in der Gefangenensammelstelle Neu-Tramm in der Nacht auf Dienstag Dienst tat. Sein Vorwurf: Die Polizisten hätten absichtlich die richterliche Überprüfung von Ingewahrsamnahmen verzögert, damit die Freigelassenen nicht wieder den Castor blockieren können – wie in den vergangenen Jahren auch.

Bis zu 14,5 Stunden hätten fünf Protestler in der Sammelstelle auf ihre Entlassung gewartet. Dabei seien laut Timmermann „500 Polizisten vor Ort gewesen, die sich um die Abarbeitung der Fälle hätten kümmern können“. Angeblich gibt es sogar einen Castorgegner, der erst nach 19 Stunden dem Richter vorgeführt worden sei. Besonders „skandalös“ sei das, so Timmermann, weil es schon „seit Jahren Strategie der Polizei ist, Demonstranten so lange wie möglich wegzuschließen“.

Ein „eindeutiger Fall von Verfahrensverschleppung“, findet auch Ralf Briese, justizpolitischer Sprecher der niedersächsischen Grünen. „Bewusst“ sei die Polizei „langsamer als das Gesetz erlaubt“ gewesen. Die „Aktenanlage“, also das Zusammentragen der Vorwürfe für den Richter, hätte bei der guten Personalausstattung in Neu-Tramm höchstens eine Stunde dauern dürfen. Deshalb hätten sich sogar Richter bei den Beamten beschwert. Briese: „Die Polizei trickst, täuscht und trödelt wie seit ehedem.“

Das sehen die Beamten völlig anders. „Es gibt nichts, was wir uns vorwerfen können“, betont Polizeisprecher Torsten Oestmann. Die Festnahmen seien alle „penibel“ dokumentiert worden. Und: „Wir wissen, dass wir in dem Bereich nicht schluren dürfen.“ 19 Stunden Wartezeit auf den Richter „kann absolut nicht bestätigt werden“, sagte der Sprecher. Und: „14,5 Stunden haut auch nicht hin.“ Statt fünf seien jedoch am Dienstag gleichzeitig 140 Blockierer in Rohrsdorf festgesetzt und gen Neu-Tramm gebracht worden. Alle seien „unverzüglich“ den Richtern vorgeführt worden.

Wie lang „unverzüglich“ letztlich war, vermochte der Sprecher allerdings nicht zu sagen.

kai schöneberg