: Die Anti-Effizienz-Revolution
Für Umweltinteressierte ist der VW Touareg ein Sprit fressendes Monster. Laut Gerichtsbeschluss darf er damit werben, die Euro-Abgasnorm 3 zu erfüllen. Ja ist denn heut schon Weihnachten?
von PETER UNFRIED
Es war einmal ein zukünftiger Gouverneur von Kalifornien. Der hatte in der Garage ein halbes Dutzend Hummer. Das ist das Super-Sports Utility Vehicle (SUV) von General Motors. Ein – hm – „Auto“, das nicht nur Unmengen von fossilen Brennstoffen frisst, sondern auch kleine Kinder. Der Gouverneur hat im Wahlkampf den Umweltschutz als eines seiner großen Ziele propagiert. Der Witz ist, dass wenige den Widerspruch sehen.
Der Mainstream interessiert sich halt nur mäßig für Verringerung der Umweltfeindlichkeit von Autos, und wenn, dann ist es eher ökonomisch motiviert (beim Bezahlen an der Tanke).
Es gibt nicht nur keine Prominenten, die sich vehement für umweltfreundlichere Autos einsetzen, sondern auch kaum Politiker. Selbst der Bundesumweltminister wird sich hüten, den neuen Autokauf des Bundeskanzlers – ein schwarzer VW Minivan Touran mit Alufelgen – als das zu benennen, was er unter ökologischen Gesichtspunkten ist: Unsinn. Mensch, Gerd: Für zwei Erwachsene und Tochter hätte es ein deutlich effizienterer Polo auch getan.
Also: Es wird nicht einfach mit der Effizienz-Revolution in Deutschland. Das ist das Modell des Ernst Ulrich von Weizsäcker, nach dem vorhandene Energien effizienter genutzt, d. h. für die jeweilige Leistung um den „Faktor 4“ (viermal weniger) gesenkt werden sollen. Heißt: drei Liter statt 12 auf 100 Kilometer.
Der Touareg steht jedenfalls für die „Anti-Effizienz-Revolution“, das ist die Vervielfachung des Durchschnittsverbrauchs durch gigantische Autos, deren Sinn sich einzig im emotionalen Bereich erschließen kann. Die Wagen bedienen in der Regel Männerfantasien. Im Gegensatz etwa zu den üblichen (eine Nacht mit setzen Sie den Namen selbst ein) stehen sie jedem offen, der das Großgeld dafür hat.
Man muss davon ausgehen, dass das gestrige Urteil des Braunschweiger Landgerichts wenig Empörungspotenzial haben wird, nachdem die Volkswagen AG weiter in ihrer Internet-Werbung behaupten darf, ihr Modell Touareg erfülle die Euro-Abgasnorm 3. Macht der Touareg ja tatsächlich. Er erfüllt jene für Kleinlaster und Nutzfahrzeuge, was der Kläger, die Bundeszentrale für Verbraucherschutz, auch weiterhin für eine „Irreführung des Verbrauchers“ hält, wie Pressereferent Christian Fronczak gestern sagte. Für Nichteingeweihte: Euro 3 für Nutzfahrzeuge hat mit Umweltschutz so viel zu tun wie – Joschka Fischer.
Der Touareg ist ein Umweltfeind ersten Ranges. Mit der Werbung „wollen sie suggerieren, dass das Gegenteil der Fall ist“, sagt Daniel Kulge, Pressesprecher des Verkehrsclub Deutschland (VCD). VW arbeitet ja gern am Image des umweltbewussten Konzerns, aber weniger gern an der Umsetzung in der Produktpalette.
Warum ist dieser Touareg nun kein Pkw, sondern ein „Nutzfahrzeug“? Weil er über 2,5 Tonnen wiegt. Warum wiegt er so viel? Damit er offiziell ein Nutzfahrzeug ist. Got it? Auch als leichteres „Auto“ erreichte der Touareg die Minimalleistung Euro 3 nämlich nicht. Weil er und die anderen SUV nun aber zwar so schwer sind und so viel verbrauchen, doch unter Kleinlaster laufen, kriegen Sie auch noch Steuererleichterungen in Höhe von rund 500 Euro im Jahr. Wem das alles absurd vorkommt, dem bleibt nur die Hoffnung, dass Friedrich Merz (CDU) mit seiner Steuerrevolution auch hier Abhilfe schaffen wird.