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Archiv-Artikel

Gegentöne zum militärischen Tschingderassa

Am Sonntag treffen sich in Köln 600 musizierende Soldaten von Militärkapellen aus aller Welt. Linke und Friedensgruppen machen gegen die „obszöne Veranstaltung“ mobil und rufen zum Protest vor der Kölnarena auf

KÖLN taz ■ Ein „musikalisches Großereignis“ versprechen die Veranstalter, eine „moderne Symbiose aus Unterhaltung und Show“ mit 600 musizierenden Soldaten „aus aller Herren Länder“, die „beschwingte Melodien“ darbieten. Kurz: „Das sind Klänge für den Frieden“, was da am 31. Oktober in der Kölnarena zu hören ist, wenn die Bundeswehr dort zum vierten Mal ihr internationales Militärmusikfestival abhält.

Eine „obszöne, kriegerische Gewalt verharmlosende Veranstaltung“ ist das, findet die Ökologische Linke, die ebenso wie Junge Linke und „Pax an!“, ab 14.30 Uhr vor der Kölnarena protestieren will „gegen den zynischen Aufmarsch von Trommlern und Pfeifern“, „die ansonsten den Takt schlagen für Operationen wie der Bombardierung von Fabriken und Flüchtlingstrecks in Jugoslawien und die Killereinsätze des Kommandos Spezialkräfte in Afghanistan“.

Schon letztes Jahr hatten linke und Friedensgruppen, darunter Ökologische Linke, Junge Linke Köln, PDS und Friedensforum, gegen das Festival protestiert. Damals fand das Militärmusikfestival ausgerechnet am 9. November statt – dem 65. Jahrestag der Reichspogromnacht. Während in Köln an diesem Sonntag der Opfer des Nationalsozialismus gedacht und in Ehrenfeld eine Gedenktafel für die von den Nazis ermordeten Edelweißpiraten angebracht wurde, fanden sich in der Kölnarena rund 9.000 Militärmusikfans ein, um „eine perfekte Bühnenshow mit Marschformationen, Tanzeinlagen und szenischen Auftritten“, so die Werbung, zu sehen.

Schirmherr Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) war extra angereist, um die Veranstaltung zu eröffnen. Kein Wunder, gilt Militärmusik der Bundeswehr doch als „klingender Ausdruck des Selbstverständnisses der Streitkräfte“, „fester Bestandteil im kulturellen Leben unseres Volkes“ und nicht zuletzt als „wichtiges Bindeglied zwischen Truppe und Bevölkerung“. Dreiundzwanzig Musikkorps unterhält die Bundeswehr deshalb zwischen Garmisch-Partenkirchen und Kiel. Im „veränderten gesellschaftlichen und sicherheitspolitischen Umfeld“ komme der Militärmusik eine „noch größere Bedeutung zu als bisher“, weiß die Bundeswehr.

Dirk Eckert