: Mit dem Ring in der Nase über‘n Deich
Mächtig Gegenwind für Bürgermeister von Beust auf der Dorfversammlung in Neuenfelde. Klägeranwalt hält das Bestandsversprechen des Senats für schwaches Angebot. Keine neuen Verkaufsverhandlungen, aber Gespräche mit Kirche
von Gernot Knödler und Sven-Michael Veit
Er wolle „ehrlich und aufrichtig mit Ihnen sprechen“, beteuerte Ole von Beust am Mittwochabend auf der Dorfversammlung in Neuenfelde, doch Vertrauen erwarb er nicht. „Sie lassen sich“, formulierte ein Redner aus dem Publikum in der schnörkellosen Art, wie sie den Leuten hier im Alten Land eigen ist, „von Airbus wie ein Bulle mit‘m Ring in der Nase über‘n Deich ziehen.“ Dass er einen leichten Stand haben würde bei den rund 600 Menschen, hatte der CDU-Bürgermeister auch nicht erwartet. „Ich bin nicht gekommen, um sie zu überreden, sondern um ihnen zuzuhören und Sie zu überzeugen“, sagt er zu Beginn. „Sie kamen“, sprach Stunden später ein Einwohner ins Saalmikrophon, „mit falschen Erwartungen und leeren Händen.“
Die Hände blieben auch gestern leer, brodelnder Gerüchteküche zum Trotz. Eine Sprecherin von Bischöfin Maria Jepsen dementierte, dass es Verhandlungen zwischen Senat und der Kirchengemeinde Neuenfelde über den Verkauf des Kirchengrundstücks gibt, das für die Verlängerung der Airbus-Landebahn benötigt wird. Jepsen wolle „vertrauensvolle Gespräche befördern“, von Verkaufsverhandlungen jedoch könne „keine Rede“ sein. Aus den Reihen des Kirchenvorstands hieß es, dieser sei für „Schlichtungsgespräche“ weiterhin offen.
Bei der Versammlung in „Bundt‘s Gartenrestaurant“ gab es mächtig Gegenwind für den Senat. Alle Redner kritisierten dessen Pläne, wobei sie allerdings nicht von allen im Saal Beifall erhielten. Die Erhaltung des Deiches zwischen dem Airbus-Gelände und Neuenfelde galt vielen als Grundlage für Verhandlungen überhaupt. Werde dieser durchbrochen und die Piste verlängert, veröde Neuenfelde und mit ihm das Alte Land, so die Befürchtung. „Es gäbe eine Lösung ohne Gesichtsverlust“, sagte Karl-Heinz Tiemann vom Obstbauversuchsring Jork: „Die Piste bei 2.684 Metern zu belassen.“
Airbus poche auf die Zusagen seiner Vorgänger, eine Startbahnverlängerung zu ermöglichen, hielt von Beust dagegen. Selbst wenn die Neuenfelder Recht hätten und eine Verlängerung unnötig sei, würde das Hamburg nichts nützen. „Wenn Airbus sich künftig auf Toulouse konzentriert, wird es hier keine Investitionen für Arbeitsplätze geben“, warnte er. Der Senat sei aber bereit, „jeden rechtlichen Weg zu gehen, der möglich ist, um klarzumachen, dass diese Verlängerung die letzte ist“, beteuerte der Bürgermeister.
Verschiedene Redner zogen dennoch den Schluss, dass keine Rechtsgarantie des Senats das Papier wert wäre, auf dem sie stünde. „Der Senat sieht offensichtlich keine Handlungsalternativen“, sagte Manfred Brandt aus Moorburg. „Das ist ein klarer Beleg dafür, dass er auch die nächste Verlängerung nicht verhindern kann.“ Rechtsanwalt Peter Mohr, der die störrischen Grundeigentümer vertritt, kritisierte das Angebot der Stadt, den Klägern für ihre verlorenen Obstgärten ein Sperrgrundstück mit entsprechendem Grundbucheintrag zur Verfügung zu stellen: „Wenn Grundeigentum sich nicht gegen die Expansionswünsche von Airbus durchsetzen kann“, fragte er, „wie soll das eine sehr viel schwächere Grunddienstbarkeit leisten?“
Und Jeanette Kassin vom Schutzbündnis gegen die Airbus-Erweiterung war richtig guter Laune: „Dieser Abend“, hielt sie dem Bürgermeister unter großem Beifall vor, „ist ein Kraftschub für uns.“
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