piwik no script img

Archiv-Artikel

Pädagogisch sinnlose Gebührenerhöhung

Die GEW fühlt sich durch die ausbleibenden Kita-Einnahmen in ihrer Kritik bestätigt. Bildungsdefizite würden so noch erhöht. Die Bildungsverwaltung hofft, dass sich die Einnahmedefizite bis Jahresende wieder ausgleichen

Von ROT

Mehreinnahmen sollten die erhöhten Kita-Beiträge bringen, aber zunächst ist offenbar das Gegenteil eingetreten. Rund fünf Millionen Euro wurden im ersten Halbjahr weniger eingenommen als erwartet, wird geschätzt. Ein Grund: Viele Eltern schicken ihre Kinder nur noch verkürzt in die Kita oder haben sie gar ganz herausgenommen. Ob es am Jahresende aber tatsächlich Mindereinnahmen geben wird, steht noch nicht fest.

Die Halbjahreszahl beruhe auf unvollständigen Informationen, so der Sprecher der Senatsbildungsverwaltung, Kenneth Frisse, gestern. Viele Faktoren, die für eine Gesamtbetrachtung wichtig seien, könnten in einer Halbjahresbilanz noch gar nicht berücksichtigt werden. „Wir machen erst am Jahresende Tabula rasa.“ Im Januar/Februar werde man dann sehen, ob das ganze nicht doch ein Nullsummenspiel sei. Ohne die Beitragserhöhungen wäre ein mögliches Defizit aber noch größer. Zudem müsse auch bedacht werden, dass eine geringere Inanspruchnahme von Kitas auch zu Kostensenkungen führe.

Die Erziehungsgewerkschaft GEW fühlt sich trotz der Vorläufigkeit der Zahlen in ihrer Kritik an den erhöhten Kita-Beiträgen bestätigt. „Die Erhöhungen sind kontraproduktiv“, so GEW-Kita-Expertin Bärbel Jung.

Gerade auch im Hinblick auf die Bildungsdefizite von Kindern und Jugendlichen komme es darauf an, dass Kinder länger und nicht kürzer in den Kitas sind, so Bärbel Jung. Wenn die Kinder aus Kostengründen nur stundenweise in den Einrichtungen seien, könne mit ihnen kaum vernünftig gelernt werden. „Pädagogisch ist das nicht sinnvoll.“

Genaue Zahlen über die Kita-Nutzung liegen auch der Gewerkschaft GEW noch nicht vor. „Kollegen berichten aber, dass Kinder früher als vorher abgeholt werden“, so Jung. Oder eben auch gar nicht mehr kommen. Zudem lasse sich kaum feststellen, ob nicht Eltern durch die Beitragserhöhung abgeschreckt werden und ihre Kinder, die ins Kindergartenalter kommen, erst gar nicht mehr anmelden.

Die erhöhten Kita-Gebühren waren zum 1. Januar in Kraft getreten. Der Höchstsatz bei Kita-Gebühren für sehr gut verdienende Familien stieg für eine Ganztagsbetreuung von rund 290 Euro auf mehr als 400 Euro pro Monat. Die Beitragssätze beginnen bei 25 Euro für Familien mit einem geringen Einkommen.

Mit der Gebührenerhöhung wollte der rot-rote Senat ursprünglich jährlich zwölf Millionen Euro an Zuschüssen sparen. In Berlin besuchen etwa 138.000 Kinder Krippen (unter 3 Jahre), Kitas (3 bis 6 Jahre) oder einen Hort (6 Jahre und älter). Eltern und Gewerkschaften hatten heftig gegen die Erhöhung protestier. Die Oppositionsparteien hatten die Erhöhung der Kita-Gebühren heftig kritisiert, auch innerhalb von SPD und PDS waren sie umstritten. ROT