: Wowi dreht am Riesenrad
Regierender Bürgermeister für Touristenattraktion am Gleisdreieck. Antikoalition aus PDS, Grünen und CDU hatte das Projekt am Mittwochabend in der Bezirksverordnetenversammlung abgelehnt
VON STEFAN ALBERTI
Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat sich deutlich für das geplante weltgrößte Riesenrad am Gleisdreick ausgesprochen. Im Abgeordnetenhaus wandte er sich gestern gegen eine Entscheidung der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg. Die hatte am Mittwochabend mit Stimmen von PDS, Grünen und CDU das Riesenrad abgelehnt.
„Ich finde es nicht hinnehmbar, dass gesamtstädtische Interessen in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt werden“, sagte Wowereit, „ich gehe davon aus, dass der Senat sich intensiv prüfend einschalten wird, um dieses Projekt zu realisieren.“ Die Touristenattraktion am Gleisdreieck, der Kreuzberger Brache früherer Bahnanlagen, wäre 40 Meter höher als das „London Eye“ in der britischen Hauptstadt. Sie soll ab 2006 jährlich 1,2 Millionen Besucher in 40 Gondeln aus Glas 175 Meter hoch drehen. Anwohner aber befürchten Lärm durch Reisebusse, sehen den Wert des ebenfalls geplanten Parks gemindert. Andere Kritiker befürchten eine weitere Investitionsruine, falls sich das Projekt allen anders lautenden Aussagen zum Trotz doch nicht rechnet.
Die Finanzierung sieht allerdings zumindest solide aus. Der Initiator, der Kreuzberger Verleger Dirk Nishen – er stellte vor Jahren auch die rote Infobox auf den Potsdamer Platz – hat laut FAZ die niederländische ABN Amro Bank als Geldgeber gefunden. Sie soll das über 60 Millionen Euro teure Projekt finanzieren. Holländische Firmen sollen es auch sein, die das Rad bauen, eine davon mit Erfahrung vom „London Eye“.
Wowereit kritisierte gestern auch das benachbarte Deutsche Technikmuseum: Das lebe schließlich auch von staatlichen Geldern. Es solle sich daher nicht gestört fühlen von dem Riesenrad, sondern lieber daran denken, dass es über das Projekt zusätzliche Besucher gewinnen könne.
Die Kreuzberger SPD, in der Bezirksverordnetenversammlung unterlegen, hatte den Senat zuvor aufgefordert, das Projekt an sich zu ziehen. Das Riesenrad habe wegen der Arbeitsplätze und als Touristenattraktion gesamtstädtische Bedeutung, argumentieren die Sozis. Zuständig ist zwar der Bezirk, vor allem Exstadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) machte aber wiederholt von seinem Recht Gebrauch, Entscheidungen von der Bezirksebene an sich zu ziehen, mischte sich sogar in Angelegenheiten wie etwa einen Bratwurstverkauf am Brandenburger Tor. Eine Sprecherin seiner Nachfolgerin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) hatte sich gestern vor Wowereits Worten noch nicht festlegen wollen, ob die Senatorin die Sache an sich zieht.