: Airbus, aus Bürgersicht
Bürgermeister will Landebahn-Gegner überzeugen, ihre Häuser zu verkaufen. Vergebens
AUS HAMBURGSVEN-MICHAEL VEIT
Sieger sehen anders aus. Je länger die Veranstaltung dauert, desto müder und auch angeschlagener wirkt Ole von Beust. Und es wird ein langer Abend für den Hamburger CDU-Bürgermeister, am Mittwoch in Neuenfelde. Fast viereinhalb Stunden hört er sie sich an, die Klagen, Vorwürfe und Misstrauensbekundungen der BürgerInnen, die ihr 973 Jahre altes Obstbauerndorf nicht dem Ausbau des benachbarten Hamburger Airbus-Werkes opfern wollen. Die Leute wehren sich gegen die Verlängerung der Landebahn.
Von der Notwendigkeit, die Verlängerung der Airbus-Landebahn bis in das Dorf Neuenfelde hinein zu akzeptieren, spricht der Bürgermeister. Um Arbeitsplätze gehe es, die der Flugzeugkonzern schaffe, um die industriepolitische Zukunft des Standorts Hamburg, ja Deutschlands, beschwört der Regierungschef immer wieder die Versammlung. Und dafür müsse Neuenfelde Opfer bringen.
Ein paar Grundstücke sind es ja nur, die verkauft werden müssen für die Piste, zehn Äcker und Obstwiesen, deren Enteignung das Hamburger Oberverwaltungsgericht allerdings untersagt hat. Die Rechte des privatwirtschaftlichen Unternehmens Airbus seien nicht höherrangig gegenüber denen eines privaten landwirtschaftlichen Betriebs, hatten die Richter vor zwei Monaten geurteilt. Und deshalb fühlen die im Saal sich eben im Recht, „das hat das Gericht doch gesagt“. Und wenn von Beust jetzt mit Geld und guten Worten an ihren Grund und Boden kommen wolle, das sagen die im Saal auch, „dann zerstören Sie unser Vertrauen in den Rechtsstaat, Herr Bürgermeister“.
Bis Mitte November will Airbus „Planungssicherheit“, denn neue Investitionsentscheidungen stehen an. Und damit wächst die Gefahr, dass Teile der Produktion des Riesen-Airbus A 380 nicht nach Hamburg kommen, sondern ins französische Konkurrenzwerk Toulouse. „Da bekommt Airbus alles, was es braucht, auf dem Silbertablett“, sagt von Beust, und es klingt ein wenig resigniert. Nächste Woche erwartet der Konzern eine Zwischenbilanz, und deshalb steht der Bürgermeister, wie er einräumt, „unter Zeitdruck“.
Deutlich erhöhte Kaufangebote hat er denjenigen vorgelegt, deren Wiesen zur Rollbahn werden sollen, zwei- bis dreifacher Euro-Millionär könnte jeder der zehn werden. „Einige“, lässt der Senat in der Springer-Presse gezielt durchsickern, hätten bereits Kaufverträge unterschrieben, die aber nur rechtskräftig werden, wenn alle verkaufen. Und deshalb wird der Druck der Stadt auf die drei bis sechs – die exakten Zahlen sind nicht bekannt – Widerspenstigen erhöht, die lieber Obstbauern bleiben wollen auf der Scholle, die oft bereits seit Jahrhunderten im Familienbesitz ist.
„Wir sind nicht gegen Airbus, wir sind nicht gegen Arbeitsplätze“, gibt eine Mittfünfzigerin von Beust mit auf den Heimweg „in die Stadt“ am anderen Elbufer, „wir sind für das Alte Land“. Und das, fügt sie an, „sollten Sie auch sein, Herr Bürgermeister“.