die anderen über lehren aus dem erdbeben in den abruzzen :
La Stampa kritisiert die Nachlässigkeit der italienischen Baubehörden: Das Erdbeben erzählt uns von Häusern, die in Eile und unter Einsparungen gebaut worden sind. Man hat an Eisen gespart und einen Beton angemischt, der viel Sand, aber nur wenig Zement enthielt. Es erzählt von unverantwortlichen Bauunternehmen und von öffentlichen Auftraggebern ohne Skrupel und Disziplin, berauscht vom Bauboom der letzten zwei Jahrzehnte. Wir haben in Italien eines der renommiertesten Erdbebenforschungszentren (in Pavia) und eine der wirkungsvollsten Zivilschutzeinheiten. Aber wir begreifen die konstante Notlage nicht, die von Jahrzehnten der Nachlässigkeit und Oberflächlichkeit herrührt. Jene Art der Notlage, die mit absoluter Dringlichkeit die Veränderung eines längst untragbaren Zustandes fordert. Denn genau das ist das letzte grausame Paradox, das aus den Abruzzen kommt. Wir sprechen von „Tragbarkeit“, ohne die Tausende von Gebäuden um uns herum zu bemerken, die sich längst nicht mehr alleine tragen können.
La Repubblica kommentiert das Bild Italiens in den internationalen Medien: Liest man die internationalen Zeitungen, dann versteht man sofort, dass ein Erdbeben in Italien nicht die gleichen Folgen hat wie ein Beben in Japan oder in Kalifornien. Italien ist, wie die Welt entdeckt, vollständig jenseits aller Normen. Niemand respektiert Bauvorschriften, die sicher kein Erdbeben verhindern können, die aber Mahnung zur Vorsicht sind. Auch wenn wir die zerstörerische Macht der Natur nicht bremsen können, so soll uns das Ausland nie wieder sagen dürfen, wir seien ein gesetzloses Land. Erdbebensicherungstechnik muss angewandt werden, das Eisen, das den Zement trägt, muss bemessen werden. Wir brauchen Bauherren, Denkmalpfleger, Gesetzgeber und Richter aus Stahl.
Ein Hobby-Seismologe soll das Erdbeben anhand erhöhter Radonwerte im Grundwasser vorhergesehen haben. Dazu schreibt der Corriere del Ticino: Ein unbekannter Wissenschaftler macht eine große Entdeckung, die ignoriert wird, und im Nachhinein entdeckt man, dass er Recht hatte. Der Protagonist ist der „Erdbebenexperte“ Gioacchino Giampaolo Giuliani. Ein wahreres und zuverlässigeres Anzeichen, das rechtzeitig ein Erdbeben ankündigen könnte, wäre der Heilige Gral der Erdbebenkunde. Das trifft aber nicht auf das von Giuliani angegebene Verhalten des Radongases zu. Wie kann man das Gas also als zuverlässigen Indikator angeben? Das kann man nur, wenn man andere Absichten hat. Beispielsweise, eine überzeugende Geschichte zu erzählen, das Publikum zu rühren, einen Held aus dem Nichts zu zaubern oder eine Regierung in Schwierigkeiten zu bringen. Absichten, die sicher irgendjemandem dienlich sind, die aber nichts mit Wissenschaft zu tun haben.