Kirchen werden verscherbelt

Im Norden gibt es zu viele Gotteshäuser für zu wenig Mitglieder. Darum stehen zahlreiche sakrale Häuser zum Verkauf, doch keiner reißt sich um die maroden Gebäude

HAMBURG dpa ■ Immer mehr evangelische Kirchen in Norddeutschland sind für die Gottesdienste der Gemeinden zu groß und zu teuer geworden. Die Mitgliederzahlen sinken, die Kirchensteuern nehmen dramatisch ab, die Kosten für Unterhalt oder gar Restaurierung von Gotteshäusern sind kaum noch aufzubringen. Der Verkauf sakraler Gebäude schien zunächst eine Lösung zu sein – doch kaum einer reißt sich um die teils maroden, teils unattraktiven Kirchen.

„Es ist leichter, ein kontaminiertes Gebäude zu verkaufen als eine Kirche“, meinte kürzlich der Hauptpastor der Hamburger St. Jacobi-Kiche, Lutz Mohaupt. Denkmalschutzauflagen, Erbpachtverträge oder komplizierte Eigentumsverhältnisse erschweren Verkäufe. Zudem gleichen viele Kirchen der Nachkriegszeit düsteren Betonburgen und sind für Investoren daher unattraktiv. Über die einzelnen Sparmaßnahmen vor Ort entscheiden in der Nordelbischen Kirche (NEK) mit den Bischofssprengeln Schleswig, Holstein-Lübeck und Hamburg die Vorstände der Kirchengemeinden. Eine Reformkommission der NEK erarbeitet derzeit Vorschläge. Ulrike Murmann, Sprecherin der Hamburger Bischöfin, erklärt: „Da steht alles auf dem Prüfstand.“

Der geplante Kirchenverkauf bringe zwar kaum Geld in die Kassen, helfe aber Kosten zu sparen, meint Susanne Raubold. Die Sprecherin des Kirchenkreises Alt-Hamburg, der 65 Gemeinden mit 80 Kirchen betreut, erklärt: „Nur 34 Prozent der Hamburger sind noch Kirchenmitglieder. In den vergangenen zehn Jahren sanken die Kirchensteuereinnahmen um 40 Prozent.“

Angestrebt werde vor allem der Verkauf von Kirchen an andere religiöse Gemeinschaften. Aber auch die Nutzung durch soziale oder kulturelle Institutionen sei erwünscht. „Natürlich könnten Kirchen auch an andere Veranstalter vermietet werden“, sagt Raubold. Selbst über die Möglichkeit, Kirchen zu schließen und „in Würde verfallen zu lassen“, werde nachgedacht.

Offenbar ist der Leerstand bisher ein Großstadtproblem. In Schleswig-Holstein ist nur ein Fall bekannt: Die Kirchengemeinde Warder bietet ihre Kapelle in Garbek zum Verkauf an. In Hamburg hingegegen wollen die Protestanten mindestens sieben Kirchen aufgeben. Steffen Becker vom Kirchenkreis Stormarn mahnt: „Die verschuldeten Großstadtgemeinden müssen über neue Formen der Kooperation und Hilfefonds für kirchliche Einrichtungen nachdenken.“