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Archiv-Artikel

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Es gibt etwas Neues bei der Union: Sie weiß nicht mehr, wo rechts und links ist. Und etwas Altes bei der SPD: Die Spitze vertröstet die Linke mit hohlen Versprechungen. Wenigstens sucht Deutschland noch keinen Superkanzler

Von SR

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbuch: Debatte versäumt! Nach dreizehn Jahren „Was ist heute noch links?“ offenbart die Union am Beispiel Hohmann erhebliches Schlingern, die schlichte Gegenfrage zu beantworten. Schade, dass sie keiner gestellt hat.

Was wird besser in dieser?

Diesbezüglich nichts; Bild spielt das „Merkel-Führungskrisen“-Thema und eine heraufbeschworene Hohmann-Partei noch ein paar Tage. Vermutlich telefonieren sie gerade mit Schill und Kubicki, wen sie mit verschlagzeilen können.

Heute wird Arnold Schwarzenegger als Gouverneur in Kalifornien vereidigt. Wäre so ein Quereinsteiger angesichts der verrosteten hiesigen politischen Klasse nicht doch ganz erfrischend? Immerhin ventilieren FDP-Kreise ernsthaft die Idee, Wolfgang Gerhardt zum Bundespräsidenten zu machen.

Kluge Köpfe stellten die These auf, die Deutschen enthielten sich seit Hitler konsequent jedes Eros in der Politik. Mit Ausnahme Brandts traf das zentrale Auswahlkriterium „geballte Bratkartoffeligkeit“ auf die Kanzler zu: in den Geschmacksrichtungen Kölsch (Adenauer), „doppelte Portion“ (Erhard), Feinkotz (Kiesinger) und „gefälligst Teller leer essen“ (Schmidt). Kulminiert hat das Prinzip ohne Zweifel in Kohl (alles zusammen, gut umrühren) und man tut sich schwer, die Sache damit überwunden zu wünschen. Auch Schröders Kumpelcharisma schwand schnell unter dem Vorwurf „Showkanzler“. Auf absehbare Zeit sucht Deutschland nicht den Superkanzler, und das ist gut so.

Die SPD parteitagt in Bochum – und die Sozen-Spitze hat der Partei, als verfrühte Weihnachtsgabe, die Ausbildungsplatzabgabe geschenkt. Ist das ein ernst gemeinter Versuch, doch mal wieder so was Exotisches wie sozialdemokratische Politik auszuprobieren? Oder nur ein Winkelzug, um den letzten SPD-Linken ins Koma zu befördern?

Ich würde dir den Gameboy ja schenken, aber Mutti ist dagegen …“ Scheinheiliger war noch keine Weihnacht; und ähnlich riechen die Zugeständnisse Schröders an die ungezogenen Kinder: Kündigungsschutz, Tariffreiheit, Ausbildungsabgabe – wenn die böse Tante Merkel es nicht im Bundesrat alles wieder einsacken würde. So gesehen gar nicht so überraschend, dass Rot-Grün im Vermittlungsausschuss auch zur Disposition stellt, was dort gar nicht beschlossen werden müsste.

Die Ministerpräsidenten der Länder Sachsen, Bayern und Nordrhein-Westfalen möchten beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk kürzen, ein paar Radios schließen, 3sat und Arte zusammenlegen, das digitale Programm zurückfahren und den Kinderkanal um 19.00 Uhr enden lassen. Was wird „Bernd das Brot“ dazu sagen?

Es wird natürlich das Wunder von Bernd fordern. Aber die Corega-Tubbies knüpfen an den Biedenkopf-Stoiber-Vorstoß unter Kohl an, eine der beiden nichtkommerziellen Stationen zu schließen. Die ARD wähnt sich dabei fein raus, weil die Abschaltung der Dritten auch das Ende landespolitischer Berichterstattung bedeutete: Das werden die Ministerpräsidenten sich nicht antun. Das ZDF galt wegen seiner exorbitanten Pensionslasten als unverkäuflich. Also sind die neuen Vorschläge immerhin differenzierter und nicht in jedem Detail als reine Machtpolitik zurückzuweisen. Ich möchte mit meinen Kindern auch nicht argumentieren müssen, weil sie von meinen Gebühren noch nach 20 Uhr vors Gerät gelockt werden.

Arbeiten Stoiber, Milbradt und Steinbrück, pünktlich zum 20-jährigen Jubiläum des Privatfernsehens, also an der Abschaffung eines öffentlich-rechtlichen Kanals?

Nein, sie geben einen Warnschuss ab. Die Forderung nach Gebührenerhöhung ist, unabhängig von ihrer Begründung, unzeitgemäß. Die Sender werden sie ein, zwei Jahre zurückstellen in den nächsten Tagen. Es ist, leider, zutreffend, dass manche Öffentlich-Rechtlichen sich schwer tun, gewachsene bis gewucherte Strukturen zu optimieren.

Aber: Es ist auch eine Frechheit, diese Debatte loszutreten, während in der Hauptstadt die reine Marktwirtschaft gerade daran scheitert, im Zeitungsmarkt Meinungsvielfalt zu gewährleisten. Ein Lösungsvorschlag der Verleger läuft auf das skandinavische Beispiel staatlicher Zeitungssubventionierung hinaus. Na sauber, Rundfunkgebühren streichen, Zeitungsgebühren einführen – albern.

Am Donnerstag ist Weltkindertag. Müssen wir das ernst nehmen?

Ja. Bzw. dutzi-dutzi.

Und was macht Borussia Dortmund?

Pause. Vielleicht wird wer gesund unterwegs. FRAGEN: SR