piwik no script img

Archiv-Artikel

Australisches Asylrecht ausgehebelt

Die Regierung in Canberra versucht mit unmenschlichen Tricks bis hin zu platten Lügen zu verhindern, dass Bootsflüchtlingein Australien Asyl beantragen können. Den jüngsten Fall von 14 abgeschobenen Kurden will jetzt der Senat untersuchen

aus Melbourne BORIS B. BEHRSING

Australiens Regierung hat gestanden, dass 14 vor kurzem gewaltsam nach Indonesien abgeschobene kurdische Flüchtlinge nach dem Eintreffen auf der nordaustralischen Insel Melville bei Darwin Asyl beantragt hatten. Dies hatten Außenminister Alexander Downer und Einwanderungsministerin Amanda Vanstone bisalng bestritten. Der Senat will den Fall untersuchen.

Der frühere Einwanderungs- und jetzige Justizminister Philip Ruddock verteidigte gestern das Vorgehen der Regierung. Mit dem Flüchtlingsschiff hätten Menschenschmuggler versucht, die Überwachung der australischen Seegrenzen zu testen: „Hätten wir nicht die Asylbewerber abgewehrt, wäre Australien wieder Ziel einer illegalen Einwanderungsflut geworden.“ Der Sprecher des UN-Flüchtlingshochkommissariats, Michel Gabaudan, verurteilte das „inhumane Verhalten“ der Regierung: „Australien hat sich erneut seiner Verpflichtung aus der Flüchtlingskonvention entzogen.“

Als das kaum seetüchtige indonesische Fischerboot „Minasa Bone“ Anfang November auf Melville gelandet war, erklärte die Regierung in Canberra mit Hilfe eines Dringlichkeitgesetzes die Insel und fast 4.000 andere nördliche Eilande rückwirkend zu Gebieten, von denen aus keine Asylanträge gestellt werden können. Vergeblich warnte das Flüchtlingshochkommissariat, dass dies international nicht anerkannt würde.

Australiens konservative Regierung ließ den indonesischen Seelenverkäufer von Soldaten entern und von drei Kriegsschiffen übers Meer in Richtung indonesischer Küste schleppen, was der Öffentlichkeit verborgen wurde. Inzwischen sind die Flüchtlinge in Jakarta. Indonesien beschuldigt Australien, es als „Abfallhaufen“ für unerwünschte Bootsflüchtlinge zu nutzen.

Die Affäre erinnert an den „Tampa“-Vorfall 2001. Damals weigerte sich Australien, von einem norwegischen Frachter gerettete Bootsflüchtlinge an Land zu lassen. Erinnert sei auch an die Affäre der angeblich von ihren Eltern von einem Flüchtlingsboot aus ins Meer geworfenen Kinder. Erst später gab die Regierung zu, dass diese wahlkampfpolitische Behauptungen falsch war.

Premierminister John Howard erklärte, es spiele keine Rolle, ob die abgewiesenen 14 Kurden Flüchtlinge waren oder nicht. Wegen der erfolgten „Ausgemeindung“ der Insel aus dem asylrelevanten Territorium hätten sie dort eben keine Asylanträge für Australien stellen können. Flüchtlingsanwälte hatten vor einigen Tagen ein Gericht angerufen, um die Rückführung der 14 Kurden nach Australien anzuordnen. Dies lehnten die Richter ab. Da argumentierte die Regierung noch, dass die Flüchtlinge gar kein Asyl beantragt hätten. Die Richter hätten wohl anders entschieden, wäre die Wahrheit eher bekannt geworden.

Dafür bereitet sich Australien jetzt auf den Vorsitz der UN-Menschenrechtskommission vor. Die Wahl erfolgt erst im Januar, gilt aber nach den üblichen Absprachen in den Ländergruppen nur als Formsache.