: Die PDS entdeckt die Einheit
Parteichef Lothar Bisky hat wieder für Ruhe in der PDS gesorgt. Für sehr viel Ruhe. Auf dem Parteitag in Potsdam verursachte nur Gregor Gysi ein wenig Aufregung: mit einem Appell für ein Bündnis mit Westlinken. Ob er es 2006 anführt, lässt Gysi offen
AUS POTSDAM DANIEL SCHULZ
Er redete, bekam stürmischen Beifall und ging wieder. Gregor Gysi hielt die beste Rede eines sonst langweiligen PDS-Parteitages. Und er forderte einiges von den Sozialisten. Sie sollten sich nicht nur auf den Osten konzentrieren, sondern sich als „Partei der Deutschen Einheit begreifen“, schlug Gysi vor. Man müsse sich die Sicht auf Ostdeutschland „mal aus der Situation der Westdeutschen überlegen“. Für diese scheine aus dem Osten nur Negatives zu kommen und darauf solle man eingehen. Gysi forderte deshalb auch eine Kooperation mit den Linkspartei-Aspiranten von der Wahlalternative. „Es gibt da ein Vakuum, das wir nicht füllen konnten“, sagte Gysi. „Deshalb bin ich dafür, ihnen ein Kooperationsangebot zu machen.“
In Gysis Rede gab es also fast so etwas wie eine Vision, zumindest Bewegung. Damit steht sie in völligem Gegensatz zu einem Parteitag des Stillstands. Geschlossenheit hatte sich Parteichef Lothar Bisky gewünscht, „keine ideologischen Grabenkämpfe“ mehr. Und genau das lieferten die Delegierten: Bisky wurde ebenso mit fast 90 Prozent der Stimmen wiedergewählt, wie seine Vizes Dagmar Enkelmann und Katja Kipping. Zudem stimmte der Parteitag so ziemlich alle Anträge weg, die sich gegen die Vorstandslinie richteten, linke von Sarah Wagenknecht ebenso wie solche von Exparteichef Diether Dehm.
Weiter kam die PDS aber nicht. Sie will 2006 in den Bundestag, die Frage ist aber immer noch: womit? Auch dieses Mal redeten die Sozialisten meist wieder einmal über die seit Jahren gleichen Hauptthemen: Friedenspartei, Osten und Soziales. Neues gab es zu den ersten beiden Themen gar nicht, und zum letzten kaum Konkretes. Man konnte sich gerade mal darauf einigen, die Forderung nach einem Mindestlohn von 1.400 Euro zu verabschieden. Ein eigenes Steuerkonzept, die Rente, das alles muss noch diskutiert werden.
Auch personell ist noch nichts klar. Soll die alte Generation der Reformer wie Exgeschäftsführer Dietmar Bartsch noch mal ran? Oder sind schon die Jungen um Parteivize Kipping dran? Auch Gysi will erst 2005 sagen, ob er für die PDS antritt. Zu unsicher ist, wohin sich die Partei bewegt. Vermittler zwischen PDS und Westlinken wäre er wohl gern, aber in ihrem Leitantrag einigte sich die Partei nur auf einen diffusen „offenen Dialog“.
Damit ist die PDS zwei Jahre zurück in die Zukunft gereist und da angekommen, wo sie 2002 vor dem desaströsen Parteitag von Gera schon war, mit einem Unterschied: Sie steht in Umfragen besser da, sie vermag zumindest derzeit ihre inneren Spannungen zu kontrollieren. Aber was ist die Strategie für die Zukunft? Bisky sagte, die PDS stehe „noch am Anfang ihrer Konsolidierung“. Das nahmen sich die Genossen so zu Herzen, dass auf dem Parteitag nichts herauskam, was darüber hinausging.