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Archiv-Artikel

Jetzt bringt Hohmann Roland Koch in Not

Erster Bezirksparteitag seit dem Rauswurf des fundamentalistischen Bundestagsabgeordneten H. Die Basis in Osthessen macht der Führung Vorwürfe. Und die Funktionäre warnen: Austritte nutzen nur dem Gegner auf der Linken

FULDA taz ■ Ordentlicher Parteitag der osthessischen CDU im katholischen Kolpinghaus zu Fulda am vergangenen Sonnabend. Der erste seit vielen Jahren ohne Martin Hohmann. Der am Freitag aus der Unionsfraktion im Bundestag ausgeschlossene „gläubige Katholik“ (Selbstdefinition Hohmann) zog es offenbar vor, daheim im benachbarten Neuhof zu bleiben. Die Delegierten können das nachvollziehen. „Fertig gemacht worden“ sei der Mann doch, sagt ein Christdemokrat aus dem Vogelsbergkreis vor dem Saal, dessen heruntergekommenes Interieur nach dem – katholischen – Muff der letzten 50 Jahre riecht: „Fertig gemacht von den Medien und von den eigenen Parteifreunden in Berlin und Wiesbaden!“

Das sehen die meisten der 90 Delegierten genau so. Eigentlich sollte auf dem Parteitag nur der Bezirksvorsitzende Fritz Kramer aus dem Amt verabschiedet und der Landtagsabgeordnete Walter Arnold zu seinem Nachfolger gewählt werden. „Schäbig“ sei die Partei mit einem ihrer „treuesten Diener“ umgegangen, schimpft nun eine ältere Dame am Servierwagen im Foyer bei Kaffee und Kuchen. Viele nicken. Sie monieren vor allem, dass dem „lieben Kameraden Hohmann“, wie Kramer sagt, die zuvor zugesagte „Bewährungszeit“ in der Bundestagsfraktion dann doch nicht gewährt worden sei. Das verstehen die Christdemokraten in der katholischen Stadt im katholischen Landkreis nicht: Dass da einem „tief religiösen Menschen“, so ein Delegierter, nach der Beichte die Absolution verweigert wurde „und das von katholischen Christenmenschen“.

Auch der neu gewählte Bezirksvorsitzende Arnold meint: „Hohmann ist kein Antisemit. Ich hätte mir eine zweite Chance für ihn gewünscht.“ Der mit knapp 70 Prozent der Stimmen im Februar direkt in den Landtag gewählte Arnold ist dort auch Fraktionsvize.

Der Unmut traf vor allem den als „Ehrengast“ geladenen Franz Josef Jung, Fraktionsvorsitzender im hessischen Landtag und Mitglied im CDU-Bundesvorstand. Jung solle den „nicht nachvollziehbaren Gesinnungswechsel von der Rüge zum Ausschluss“ Hohmanns erklären, so die Forderung eines Delegierten am Saalmikrofon. Doch über einen erbärmlichen Erklärungsversuch kam Jung nicht hinaus. Es hätten sich im Verlauf der letzten Woche eben neue Erkenntnisse ergeben, die dann zu einer „anderen Einschätzung“ geführt hätten, so Jung. Und im Übrigen sei man in Hessen jetzt „gezwungen“, das Parteiausschlussverfahren gegen Hohmann durchzuziehen. „Typisches Politikergeschwätz!“, lautete ein Zwischenruf, ein anderer: „Dummes Zeug!“ Die Renitenz an der Basis der osthessischen Union ist latent. Von „drohender Spaltung“ war schon in der Lokalpresse die Rede. Der scheidende Bezirksvorsitzende Kramer appellierte denn auch „an alle“, der Partei treu zu bleiben. Austritte nutzen nur dem politischen Gegner; und der stehe weiter links.

Dass es Parteiaustrittsankündigungen gibt, wurde in Fulda nicht bestritten. Jung berichtete aber auch von „drei Eintritten in den letzten zwei Tagen“. Glauben wollte das zunächst niemand. Der CDU-Ortsverein Herbstein jedenfalls legte schon einmal eine „einstimmig verabschiedete“ Resolution an die Adresse von Roland Koch vor: „Martin Hohmann darf nicht aus der Partei ausgeschlossen werden.“ Tosender Applaus. Seit diesem Sonnabend hat Koch ein – weiteres – Problem.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT