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Archiv-Artikel

SPD nimmt Kurs auf Schärfe

SPD-Bürgerschaftsfraktion legt eigenen Entwurf für ein neues Polizeigesetz vor. Polizeibefugnisse werden ausgeweitet und um neue Bereiche ergänzt

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat in der Law and Order-Debatte um mehr Polizeibefugnisse einen eigenen Gesetzentwurf in die Bürgerschaft eingebracht. „Wir brauchen kein neues Polizeigesetz, wir brauchen eine Novellierung“, bezeichnet der innenpolitische Sprecher Andreas Dressel das Regelwerk. Der SPD-Entwurf enthält dennoch drastische Verschärfungen, wenngleich diese im Vergleich zu den Regierungsparolen abgemildert erscheinen. Dressel: „Damit wird der Kurswechsel der SPD auch im Polizeirecht sichtbar.“

So setzen sich die Genossen auch für eine Regelung des „Finalen Rettungsschusses“ zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr ein. Bislang konnte sich der Polizeibeamte nur auf „Nothilfe“ berufen. Bei den Steckenpferden des parteilosen Innensenators Udo Nagel machen die Sozialdemokraten allerdings weitgehend mit.

So soll der „Unterbindungsgewahrsam“ von zurzeit 48 Stunden auf vier Tage verlängert werden. Die Forderung der CDU, das Wegsperren für zehn Tage zu ermöglichen, geht Dressel jedoch zu weit. „Videoüberwachung im öffentlichen Raum“, (Plätze und Straßen) soll grundsätzlich an so genannten „Kriminalitätsbrennpunkten“ zulässig sein. Laut Dressel wird durch den SPD-Entwurf aber garantiert, „dass die Videoüberwachung nicht darüber hinausgeht“.

Auch „verdachtsunabhängige Kontrollen“ dürften laut Dressel kein Tabu sein, zumindest an „Kriminalitätsbrennpunkten und Verkehrsknotenpunkten“. Besonders auf der Suche nach Waffen möchte der Sozialdemokrat der Polizei mehr Befugnisse einräumen. Deshalb solle die Polizei künftig auch Handys elektronisch orten dürfen, wenn Leib und Leben in Gefahr ist, oder Verbindungen kappen dürfen, wenn Handys als Bestandteil für Straftaten eingesetzt werden. Dressels Beipiel: Die Anschläge von Madrid, wo Mobiltelefone mit Zünder eingesetzt worden sind.

Indes lehnen die SPD das „große Aufenthaltsverbot“ ab. Drei Monate für einen Platz ja, so Dressels Formel, „aber nicht für eine ganze Stadt“. Und während der „große Lauschangriff“ zur Gefahrenabwehr den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts angepasst werden soll, erteilt die SPD der Forderung Nagels eine klare Absage, auch so genannte „Berufsgeheimnisträger“ – Journalisten, Ärzte, Anwälte, Pastoren – abhören zu dürfen.

Inzwischen hat Nagel diese Pläne allerdings aufgegeben, nachdem hochkarätige Vertreter dieser Berufsgruppen in mehreren Besprechungen auf Einladung des Senators massive Bedenken gegen diesen Passus angemeldet haben. „Wenn er in die richtige Richtung zurückrudert, freut uns das natürlich“, frohlockt nun Dressel. „Hamburg ist eine liberale Stadt mit besonderer rechtsstaatlicher Tradition.“

Kai von Appen