: Zweiter Bildungsweg versperrt
Der Senat entscheidet heute über die Zukunft der Uni für Wirtschaft und Politik (HWP). Nach dem Gesetz zur Fusion mit der Nachbaruniversität, das der taz vorab vorliegt, gibt es keinen Bestandsschutz fürs Studium ohne Abi. Studierende sind empört
von Eva Weikert
Heute Mittag will die Hamburger Wissenschaftsbehörde ein lang erwartetes Gesetz präsentieren: Das Regelwerk über die Fusion der Uni für Wirtschaft und Politik (HWP) mit der benachbarten Universität. Der vertrauliche Entwurf, welcher der taz bereits vorliegt, macht den Studierenden große Sorge. Denn die von Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) in Aussicht gestellte dreijährige Gnadenfrist für das besondere Angebot der kleinen Hochschule kommt darin nicht mehr vor. Auch das Reservoir von 40 Prozent aller Studienplätze für Bewerber ohne Abitur wird zur Disposition gestellt. Der AStA warnt: „Der CDU-Senat will die HWP mit ihrem bundesweit einmaligen Profil zerschlagen.“
Die HWP soll nach ihrer Auflösung zum 1. April 2005 zusammen mit zwei Fachbereichen der Universität die dortige Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften bilden. Ein Moderationsprozess zur verordneten Fusion hatte zum Ergebnis, für vorerst drei Jahre die beteiligten Bereiche in drei Departments zu erhalten und die Struktur danach zu evaluieren. Senator Dräger hatte die Empfehlung als „verwertbare Lösung“ bezeichnet und damit Hoffnungen der HWP geschürt, ihren breiten Zugang für Menschen ohne Abi und ihre fächerübergreifenden Studiengänge zu erhalten – vergebens, wie der Gesetzentwurf zeigt.
Dieser sieht vor, nur für „die Dauer einer Gründungsphase“, die „längstens“ bis 2008 auszudehnen ist, allein in den Bachelorstudiengängen der HWP wie bisher fast die Hälfte aller Studienplätze an Nicht-Abiturienten zu vergeben. Danach „soll diese Organisation in eine neue Struktur entsprechend den allgemeinen Bestimmungen des Hamburgischen Hochschulgesetzes überführt werden“.
Letzteres erlaubt in Paragraph 38 zwar das Studium ohne Abi, reserviert aber keinerlei Kapazitäten für Bewerber ohne Hochschulreife. „Das ist ein reiner Alibi-Paragraph“, rügt AStA-Sprecher Bela Rogalla. „Das Besondere an der HWP ist die garantierte Quote für Menschen ohne Abi, ohne sie bleiben ihnen die Hochschulen versperrt.“ Dabei habe die jüngste Sozialerhebung des Studentenwerks ergeben, dass in der Bundesrepublik sowieso nur acht Prozent aus „bildungsfernen Schichten“ den Weg an die Uni finden.
Zwar gestattet der Gesetzgeber der neuen Fakultät auch nach der Gründungsphase, „mittels Satzung den Hochschulzugang ohne Abitur für bestimmte Studiengänge zuzulassen“. Doch der Fakultätsrat ist zu zwei Drittel von der Universität dominiert. Deren beteiligte Fachbereiche Sozial- und Wirtschaftswissenschaften aber lehnen ein eigenes Department für die HWP offen ab und pochen auf nur zwei Teilbereiche. Weil der Senat weder eine terminierte Gnadenfrist noch Evaluation vorschreibt, befürchten die HWPler jetzt die rasche Auflösung ihrer Strukturen.
Auch vom Gründungsdekan sei kein Beistand zu erwarten, so AStA-Sprecher Rogalla, wird dieser doch vom Senator höchstselbst eingesetzt, der die HWP abwickeln will. Unbestätigten Gerüchten zufolge ist der ehemalige Salamander-Personalmanager und heutige BWL-Professor an der Universität Paderborn, Wolfgang Weber, für den Job im Gespräch.
Weil der Senat das Gesetz erst heute vorlegt, wird es äußerst knapp für Korrekturen. Das Parlament soll bis Dezember darüber abstimmen. „Viele in der Hochschule sind sauer, dass keine Zeit mehr bleibt, Stellung zu nehmen“, moniert HWP-Chefin Dorothee Bittscheidt, die den ihr bekannten Gesetzentwurf vor offizieller Bekanntgabe nicht kommentieren will. „Ein paar kleinere Dinge“, räumt sie nur ein, „müssen wir noch ändern.“