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Archiv-Artikel

Die drei Senatoren

Zwei Ex- und ein amtierender Bausenator kommen ins Gespräch: Da kreist die Abrissbirne, der Space Park wird zum Running Gag und Eckhoff macht Hoffnung auf einen Abriss der Hochstraße

Eckhoff: „Solche Talk-Runden harmonisieren ja ungemein“

Bremen taz ■ Der amtierende Bausenator Jens Eckhoff (CDU) gab sich keine Blöße. Ob er wisse, so fragte Moderator Otmar Willi Weber, welches Bremer Gebäude in seinem Geburtsjahr 1966 fertiggestellt wurde? Das müsste die Bürgerschaft gewesen sein, antwortete schnell der jüngste der drei Senatoren, die am Montagabend auf Einladung der Architektenkammer im Speicher XI miteinander plauderten.

Die beiden anderen Diskussionsgäste, Eva-Maria Lemke-Schulte (SPD) und Ralf Fücks (Grüne), waren zu Zeiten der Ampel-Koalition parallel tätig, die eine als Bausenatorin, der andere als Senator für Umwelt und Stadtentwicklung. Aus dem ursprünglich angekündigten Senatorischen Quartett wurde indes nichts: Bernd Schulte (CDU), Vorvorgänger von Jens Eckhoff, ließ sich entschuldigen.

In die charmante Plauderrunde (Eckhoff: „Solche Talk-Runden harmonisieren ja ungemein“) geriet Bewegung immer dann, wenn Fücks – derzeit Geschäftsführer der Berliner Heinrich-Böll-Stiftung – von seinem Abstand zur Bremer Politik Gebrauch machte. Den Space Park als autistisches Gebäude, abgeschirmt gegen seine Umgebung und die Geschichte des Ortes, hätte man politisch nie zulassen dürfen, erzürnte er sich. So ein Gebäude könne man gar nicht umnutzen, nahm er die Zukunft der riesigen Einzelhandelsflächen als städtische Ruine vorweg. Fehler machte er auch im Umgang mit der Bürgerweide aus: Man müsse über die Bebauung dieser Fläche nachdenken und sich überlegen, wo der Freimarkt stattdessen Platz finden könnte. Ein „Partisanenkrieg“ mit den Schaustellern sei aber nicht wünschenswert.

Auch an die eigene Nase fasste sich Fücks gelegentlich: Wohnen und Arbeiten würden näher zusammenrücken, konstatierte er – und erkannte: Grüne hätten auch immer dafür gesorgt, dass der Konflikt zwischen Wohnen und anderen städtischen Nutzungen sich hochschaukele. Die Menschen zögen ins Ostertor oder nach Peterswerder, um sich hinterher über die Kneipen oder das Stadion zu beschweren. Auch in der neuen Überseestadt müsse man sich also auf Koexistenz einlassen, so Fücks, der sich aber gegen die langfristigen Bestands- und Entwicklungsgarantien, die den dort ansässigen Betrieben eingeräumt wurden und der Wohnnutzung entgegenstehen, scharf kritisierte.

Beifall erntete er bei Eva-Maria Lemke-Schulte. „Dass auf diesem riesigen Areal nur Sonderformen von Wohnen vorgesehen sind, ist mir ein bisschen zu wenig“, sagte sie und forderte Nachbesserungen im Konzept für die Überseestadt, für die sie sich im Übrigen mehr bedeutsame Architektur wünschte, als derzeit in Bremen zu finden sei.

Eckhoff wies die Forderung, sich städtebaulich und ökonomisch allein auf die Überseestadt zu konzentrieren, von sich: „Ich kann es doch verdammt noch mal nicht ändern, dass die Investoren nicht sagen, wir gehen auf die innerstädtischen Brachen.“ Selbstkritik in Sachen Hemelinger und Mahndorfer Marsch stand für Eckhoff also nicht auf der Tagesordnung. Die fiel auch bei einem anderen Thema aus: „Das hat man so vorgefunden“, formulierte er so anonym wie möglich das Space-Park-Problem und produzierte damit nicht den einzigen Lacher an diesem Abend. Er sei aber zuversichtlich was das „Soft Opening“ des Entertainment-Teils im Dezember angehe. „Das was?“, musste Fücks sich erkundigen. „Na, das öffnet zwei Monate zur Probe“, erläuterte Eckhoff. „Und nach dem soft opening kommt das hard closing“, so der trockene Kommentar vom Ex-Architektenkammerchef Wilfried Turk aus dem Publikum.

Zuletzt gab Moderator Weber allen drei (Ex-)Senatoren noch eine Abrissbirne in die Hand. Das Ex-Saturn-Gebäude würde Lemke-Schulte wegfegen, ohne mit der Wimper zu zucken. Ralf Fücks legte die Hochstraße vor dem Bahnhof in Schutt und Asche („Ich hole Besucher am Nordausgang ab“), und Eckhoff möchte das Uni-Gelände verschönern: „Das Mehrzweckgebäude müsste da weg.“ In 15 Jahren, so blickte er in Richtung Fücks und eine womöglich schwarz-grüne Zukunft, könnte es allerdings tatsächlich der Hochstraße und dem Breitenweg an den Kragen gehen.Elke Heyduck