Kopftuchstreit verschoben

SPD und PDS einigen sich auf Kopftuchverbot für Polizei und Justiz, streiten aber weiter um Regelungen für Lehrerinnen. Innensenator Körting (SPD) muss Gesetzentwurf erneut vertagen

von ROBIN ALEXANDER

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) muss den von ihm angekündigten Gesetzentwurf für ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst erneut vertagen. „Nicht vor dem Frühjahr“ lautet die Sprachregelung, auf die sich Abgeordnete von SPD und PDS gestern mit dem Innensenator einigten. Begründet wird dies offiziell damit, man wolle „Zeit für eine gesellschaftliche Debatte“ gewähren. Der wirkliche Hintergrund ist freilich: Die PDS ist nicht bereit, einem generellen Kopftuchverbot im Sinne Körtings zuzustimmen.

Zweieinhalb Stunden verhandelten die Parlamentarier und der Senator gestern und konnten sich nur auf einen Teilkompromiss einigen: Alle Teile des öffentlichen Dienstes, in denen schon heute Bekleidungsvorschriften gelten, sollen auch künftig kopftuchfrei bleiben. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Justiz, Polizei und Feuerwehr. Die Notwendigkeit für ein Verbot hatte Körting allerdings stets aus der Gefahr der Indoktrination muslimischer Schülerinnen durch Lehrerinnen mit Kopftuch abgeleitet. Gerade für diesen Bereich – Schule – konnte man sich gestern nicht einigen. Die PDS blieb bei ihrem Nein.

Körting hatte unmittelbar nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Kopftuchfrage einen raschen Gesetzentwurf bis Ende diesen Jahres angekündigt, der Kopftuchtragen im gesamten öffentlichen Dienst verbieten sollte. Später nannte er als Frist „Ende Januar“.

Der SPD-Abgeordnete Fritz Felgentreu appellierte gestern an die PDS, „die Angelegenheit nicht zu einer Ja-oder-Nein-Frage zu machen“. Notfalls müsse man den „Schutzauftrag des Verfassungsgerichts“ mit „einer Fülle von Einzelregelungen“ umsetzen. Der Aufschub des Gesetzes sei hinnehmbar, aber: „Am Ende ist ein Gesetz unumgänglich.“ SPD und Innenverwaltung setzen darauf, dass Feministinnen in der PDS die Haltung der Partei zur Kopftuchfrage noch verändern können. Die einzige Abgeordnete mit dieser Pro-Verbots-Haltung, Evrim Baba, streitet heute Abend auf einem öffentlichen Hearing für ihre Position. Die verbotsskeptischen Innenpolitiker der PDS setzten ebenfalls auf Zeitgewinn. Ihre Hoffnung ist: Die Debatte in anderen sozialdemokratisch regierten Ländern könnte die Berliner SPD noch beeinflussen.

Unstrittig in der rot-roten Koalition ist die Gleichstellung aller religiösen Symbole. Ein Gesetz nach dem Vorbild Baden-Württembergs, das Kopftücher verbietet, christliche Kreuze und jüdische Kipas aber erlaubt, wollen beide Koalitionspartner nicht. Überlegungen einzelner SPD-Abgeordneter, ein Kopftuchverbot notfalls mit der Opposition zu beschließen, scheinen vom Tisch. Stellungnahmen aller Beteiligten erhielt man gestern nie ohne den Zusatz: „Daraus wird keine Koalitionskrise.“