piwik no script img

Archiv-Artikel

Lange Wege für die Kurzen

Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig gibt Schulschließungen bekannt. 35 Grundschulen sollen dichtmachen, elf Haupt- und Realschulen sowie drei Gymnasien. Doch die Einsparung ist mit 4,5 Millionen Euro pro Jahr vergleichsweise winzig

von Kaija Kutter

Hamburgs Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig hat offenbar kein Herz für Grundschüler. Sie legte gestern den Entwurf für die Schulentwicklungsplanung vor, die die Schließung von 35 Grundschulstandorten vorsieht. Auf diese Zahl kommt, wer die Schließung der eigenständigen Grundschulen und die der an Haupt- und Realschulen angegliederten addiert (siehe Liste rechts). Das Netz der Schulwege für kleine Kinder wird also löchriger als zuvor.

„Das Netz ist sehr dicht. Wir haben darauf geachtet, dass es zu vertretbaren Schulwegen kommt“, erklärte dagegen die parteilose Bildungssenatorin, die die Liste anders zusammenfasste. Ihre Behörde schlage vor, „auf 23 Schulen zu verzichten“ und an 30 weiteren die „strukturellen Veränderungen“ durchzuführen. Dies seien „moderate Veränderungen“, mit denen „die Zukunft der Bildung“ in Hamburg gesichert werde.

Denn nach ihrer Schätzung würden nach den Schließungen „einmalig“ 16 Millionen Euro und danach „jährlich“ 4,5 Millionen Euro für den Bildungsetat zur Verfügung stehen. Allein 11,5 Millionen Euro könnten „vorsichtig geschätzt“ die Grundstücksverkäufe einbringen. 4,5 Millionen erbringen die 69 Lehrerstellen, welche die Standortkonzentration erübrigt und mit denen Dinges-Dierig „Schulen pädagogisch besser gestalten“ möchte. Allerdings ist diese Summe vergleichsweise winzig. Ob sich dafür der ganze politische Ärger lohnt?

Neben den Grundschulen sollen elf Haupt- und Realschulen geschlossen werden, darunter die drei Integrierten Schulen Hermanstal, Arnkielstraße und Curslack-Neuengamme. An 23 Standorten werden entweder die Grundschule oder die weiterführende Schulstufe aufgelöst, was aus Sicht von GAL-Politikerin Christa Goetsch die Schaffung zukunftsträchtiger Schulen für alle Kinder erschwert. „Jedes Quartier braucht seine Schule, aber nicht jedes Quartier jede Schulform“, rügte Goetsch. „Am besten wäre es, in jedem Stadtteil eine Schule für die Klassen eins bis neun und zusätzlich Oberstufenzentren einzurichten.“

Doch davon ist die Planung weit entfernt. Dinges-Dierig schont die 98 Gymnasien über Gebühr, obwohl dort zwei von dreien die geforderte Mindestgröße unterschreiten. Aufgrund stabiler Zahlen überleben auch die Gesamtschulen, hier sollen nur die ohnehin beieinander liegenden Standorte Allermöhe und Fährbuernfleet fusionieren und drei Oberstufen schließen.

Schulen und Gremien können bis zum 7. Dezember Stellung nehmen, bevor sich am 9. Dezember der Schulausschuss mit dem Thema befasst. Dann werden Behörde, Deputation und Bürgerschaft bis zur Anmelderunde Ende Februar entscheiden, welche Schule noch neue Kinder aufnehmen darf. „Für mich ist jede Diskussion ergebnisoffen“, so Dinges-Dierig auf die Frage nach „Spielraum“. „Wir haben einen Entwurf, den wir diskutieren. Was dabei herauskommt, weiß ich noch nicht.“

Ginge es nach der Opposition, so müsste sie noch einmal in Klausur. „Die Senatorin hat das Thema verfehlt“, befindet Goetsch. Statt einen Schulentwicklungsplan zu erarbeiten, werde hier ein „ideologisch gefärbter“ Schulschließungsplan diktiert. „Der Senatorin fehlt der Mut zur Reform“, monierte auch die SPD-Politikerin Britta Ernst und forderte die Abschaffung der kaum nachgefragten Hauptschule zu Gunsten integrierter Systeme. Einzig CDU-Schulpolitiker Robert Heinemann zollte Lob: „Hier wurde mit Augenmaß vorgegangen“, erklärte er: „Alle Horrorszenarien sind nicht eingetreten.“