Sieg im Rathauskrieg

Mit der kämpferischen Ida Schillen hat die PDS in Rostock den ersten OB-Posten in Deutschland erobert

Ein solcher Abgang ist selbst bei Politikern selten. Als vor fünf Jahren am Berliner Südstern der Grundstein für die päpstliche Nuntiatur gelegt wurde, schlug Ida Schillen zusammen mit ihrer Lebensgefährtin Krach. Die feierliche Vatikanzeremonie wurde von Maria-Callas-Arien aus den Fenstern der beiden Anwohnerinnen überschmettert, beim anschließenden Scharmützel mit der Polizei gab es Verletzte, wie es hieß, auf beiden Seiten. Schon zuvor war die grüne Baupolitikerin im Abgeordnetenhaus wegen des Kosovokriegs aus ihrer Partei ausgetreten. Kurze Zeit später verließ Ida Schillen die Stadt.

Und zwar in Richtung Rostock. Die PDS hatte in der größten Stadt Mecklenburg-Vorpommerns das Vorschlagsrecht für das Amt des Kultursenators und des stellvertretenden Oberbürgermeisters obendrein. Weil es unter den 200.000 Einwohnern Rostocks keinen gab, der das Format dazu hatte, schrieben die Sozialisten den Job aus – die nunmehr parteilose Schillen bewarb sich. Und gewann. Aus der gelernten Stadtplanerin und Abgeordneten in Berlin wurde die Senatorin für Kultur, Schule und Sport in der Hansestadt Rostock.

Was von nun an folgte, wird gern als Kleinkrieg umschrieben. Aber das ist hanseatisch untertrieben. Eine wie Ida Schillen verliert entweder, oder sie gewinnt. In jedem Falle kämpft sie bis zum Äußersten. Der Oberbürgermeister von Rostock, Arno Pöker (SPD), hat es zu spüren bekommen. Kaum war Schillen in Rostock angekommen, brach die rot-rote Koalition im Rathaus auseinander. Dem Sozialdemokraten stand fortan die kämpferische Schillen entgegen.

Als Erstes verhinderte die Kultursenatorin den Abriss des aus DDR-Zeiten stammenden Warnow-Hotels. Dann stellte sie sich gegen einen Theaterneubau samt Einkaufszentrum und plädierte stattdessen für Theater pur. Sie rettete das Rostocker Volkstheater, kurzum: Die schillernde Schillen stellte den Oberbürgermeister in den Schatten.

Arno Pöker wiederum rächte sich auf seine Art. Er entzog seiner Stellvertreterin erst die Zuständigkeit für den Theaterbau, dann für die Olympiabewerbung. Genutzt hat es ihm nichts. Am Sonntag legte Pöker sein Amt nieder. Ausgerechnet die Internationale Gartenausstellung (IGA), die Rostock 2003 bundesweit Aufmerksamkeit bescherte, wurde ihm verspätet nun doch noch zum Verhängnis. Die Chefsache IGA kostete die Hansestadt 20 Millionen Euro Schulden und Arno Pöker den Sieg im Rathauskrieg.

Ida Schillen dagegen hat gewonnen. Nun ist sie die erste PDS-Oberbürgermeisterin einer deutschen Großstadt. „Es ist zwar doppelte Arbeit“, verriet sie gestern der taz, „aber auch ein doppeltes Vergnügen“.

Doch das ist nur befristet. Am 27. Februar 2005 sind die Rostocker aufgerufen, ihren künftigen Oberbürgermeister direkt zu wählen. Die PDS hat ihre Kandidatin bereits vorgeschlagen – es ist, wie nicht anders zu erwarten, Ida Schillen. Ihre GegenkandidatInnen werden sich warm anziehen müssen. UWE RADA