„Keinen Pfiff, kein Buh“

Sichere Jobs bis 2011, da hat die VW-Belegschaft das Tarifergebnis trotz über zwei Jahren Nullrunde ergeben hingenommen. Volkswagen-Betriebsrat Günter Lenz im Interview

taz: Herr Lenz, Sie haben gerade die Arbeiter von Früh- und Spätschicht im Nutzfahrzeugwerk in Hannover-Stöcken über das Tarifergebnis informiert. Wie war die Resonanz?

Günter Lenz: Ich habe überwiegend Beifall bekommen, keinen Pfiff, kein Buh. Die Belegschaft hat das Gefühl, dass der Preis, den sie zu zahlen hat, angemessen ist. Immerhin werden 103.000 Arbeits- und Ausbildungsplätze bis 2011 gesichert.

VW-Verhandlungsführer Senn sagte, er habe sich in allen wesentlichen Punkten gegenüber der IG Metall durchgesetzt. Das sieht nicht gut aus für die Gewerkschaftler.

Da muss ich schon schmunzeln: Heute morgen sah er eher nach dem Gegenteil aus. VW ist weit von seinen Zielen entfernt geblieben, auch wenn Senn sagt, er habe mit dem Ergebnis eine Milliarde Euro eingespart. Auf jeden Fall haben sich beide Seiten bis zum Äußersten strapaziert – mehr war wohl nicht drin. Wir haben verhindert, dass Investitionszusagen von der Belegschaft erwirtschaftet werden müssen, wir haben bei der demografischen Arbeitszeit andere Akzente setzen können. Und wir haben einen stattlichen Geldbetrag in Höhe von 1.000 Euro durchsetzen können, den die Kollegen im März nächsten Jahres bekommen.

Aber bis Januar 2007 wird es keine Lohnerhöhung geben. Ist das ein gutes Ergebnis?

Ja. Damit tragen wir dem Rechnung, dass die Einkommen bei VW deutlich über dem Niveau des Flächentarifs liegen. Sparen ohne zu sparen, das geht nun wirklich nicht.

Für Neueinstellungen wird der Haustarif deutlich gesenkt. Sind die Entlohnungen bei Volkswagen, die 20 Prozent über denen in der niedersächsischen Metallindustrie liegen, überhaupt noch zeitgemäß?

Natürlich liegen wir deutlich über den Löhnen der Kollegen beispielsweise auch in Frankreich. Aber dafür liefern wir bessere Produkte – und bis zuletzt auch eine höhere Produktivität.

Das haben die Kunden nicht immer so gesehen. Viele Marken haben Volkswagen in den letzten Jahren den Rang abgelaufen.

Sie können sich ja mal in den Renault oder den Peugeot reinsetzen – da merkt man schon den Unterschied!

Ein schaler Beigeschmack bleibt: Geht es Deutschland nur noch um Beschäftigungssicherung, nicht mehr um mehr Jobs?

Natürlich sind wir angesichts von Massenarbeitslosigkeit und Standortkonkurrenz in der Defensive. In anderen Unternehmen sieht es aber noch ganz anders aus als bei VW: Da wird nicht mehr gefragt, da wird rasiert. Es war doch auch wichtig, dass wir mal ein anderes Signal in die Republik senden konnten, auch in Richtung unserer Opel-Kollegen. Bei uns wird Arbeit garantiert, bei denen nicht mal Standorte.

Fragen: Kai Schöneberg

Fotohinweis: Günter Lenz (45) ist Betriebsratsvorsitzender bei Volkswagen Nutzfahrzeuge in Hannover und SPD-Landtagsabgeordneter  Foto: www.spd.de