Off-Kino
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Novembertage – Wege und Stimmen“ 9. 11. im Zeughauskino

Unlängst jährte sich der Zeitpunkt der entscheidenden militärischen Operation des Zweiten Weltkriegs zum 50. Mal: die Landung der alliierten Streitkräfte in der Normandie. Die neben Steven Spielbergs „Saving Private Ryan“ wohl bekannteste Verfilmung dieser Ereignisse entstand 1962: Für „Der längste Tag“ engagierte der Fox-Produktionschef Darryl F. Zanuck nicht nur eines der größten Staraufgebote, das jemals die Leinwand zierte, sondern mit dem ungarischstämmigen Amerikaner Andrew Marton, dem Briten Ken Annakin und dem Österreicher Bernhard Wicki auch drei hauptverantwortliche Regisseure, die jeweils die Szenen mit „ihren“ Volksgruppen drehen sollten. Der Film schildert die Vorbereitungen zur Invasion sowie die Gefechte in epischer Breite; zwangsläufig gibt es dabei unglaublich viele Handlungsstränge mit Unmengen von verschiedenen Charakteren. Erstaunlich ist ob dieser Voraussetzungen die Homogenität des Werks, die Klarheit, mit der die komplexen Sachverhalte verdeutlicht werden. Einige Szenen des Massenspektakels bieten sogar großartige visuelle und inszenatorische Höhepunkte, etwa die Landung amerikanischer Fallschirmtruppen in Sainte-Mère-Eglise, die aus dem Blickwinkel eines Soldaten geschildert wird, der mit seinem Fallschirm am Kirchendach hängen bleibt und hilflos mit ansehen muss, wie seine Kameraden zusammengeschossen werden. Ungewöhnlich gestaltet sich in „Der längste Tag“ auch der Blick auf die Deutschen: Gegner sind einmal keine klischeehaften Nazidumpfbacken, sondern Militärtechnokraten, die hier vor allem am Unvermögen des (nie gezeigten) „Größten Feldherrn aller Zeiten“ scheitern.

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„Central Station“ 8. 11. im Thalia Babelsberg

Ein Roadmovie, das wie so oft für die Protagonisten die Bedeutung einer Reise zu sich selbst besitzt: In Walter Salles’ „Central Station“ begibt sich der neunjährige Josué auf die Suche nach seinem ihm unbekannten Vater und findet letztlich seinen Platz in der Gesellschaft – auch wenn er dabei von einigen lieb gewonnenen Vorstellungen über den Vater Abschied nehmen muss. Dora (Fernanda Montenegro), die ihn widerwillig begleitet, gewinnt hingegen am Ende einige ihrer Illusionen zurück, die der zynischen ehemaligen Grundschullehrerin – vielleicht – einen neuen Anfang ermöglichen. Denn den allgemeinen Zustand der brasilianischen Gesellschaft charakterisiert Salles so: Kaum dass ein Vorortzug am Bahnsteig des Hauptbahnhofs von Rio de Janeiro angehalten hat, stürzen sich die jungen Männer durch die geöffneten Fenster, um die Sitzplätze zu okkupieren: Jeder ist sich selbst der Nächste.

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„Der längste Tag“ (OF) 4. 11. im Zeughauskino

Noch ein Jubiläum: 15 Jahre Fall der Mauer. Deshalb ein Blick zurück mit Marcel Ophüls’ BBC-Dokumentation „Novembertage – Wege und Stimmen“ (1990): Mochte die sarkastische Skepsis des Regisseurs gegenüber Politikern jedweder Couleur schon damals angebracht gewesen sein, so lässt sich doch heute auch feststellen, dass von der Aufbruchstimmung des Mannes und der Frau von der Straße kaum etwas geblieben ist. LARS PENNING