: DER ALEX AM 4. NOVEMBER 1989
Wie viele Westberliner an diesem Samstagmorgen in die Hauptstadt der DDR gekommen sind, weiß keiner. Sicher ist: Es waren nicht allzu viele. Was sie erlebt haben, war eine Stadt in stillem Aufbruch. Eine halbe Million Menschen kam zur ersten und gleichzeitig letzten großen unabhängigen Demonstration in Ostberlin. Sie hörten Stefan Heym zu, als er rief: „Es ist, als habe einer ein Fenster aufgestoßen nach all den Jahren der Stagnation, nach all den Jahren der Dumpfheit und des Miefs, des Phrasengewäschs und bürokratischer Willkür.“ Die Schriftstellerin Christa Wolf sprach für viele, indem sie zu bedenken gab: „Stell dir vor, es ist Sozialismus, und alle bleiben hier.“ Organisiert war die Kundgebung vom Theaterverband der DDR. Die SED hatte das Ganze noch umdrehen wollen – vergebens. Nur Markus Wolf, Exchef des DDR-Geheimdienstes, und Günter Schabowski, Mitglied des SED-Politbüros, durften sprechen – und wurden ausgepfiffen. Derweil saßen die Parteioberen im ZK und schauten sich durch die Fenster den Beginn ihres eigenen Untergangs an. Fünf Tage später fiel die Mauer. Am 4. November 1989 hatte niemand damit gerechnet. Auch nicht die Zaungäste aus dem Westen. WERA