Die Queen und Fischer trotzen Bush

Auf der deutsch-britischen Klimakonferenz in Berlin vereinbarten beide Länder eine engere Kooperation für den Klimaschutz. Auch wenn keine Euphorie herrschte, vom Ergebnis der US-Wahl ließen sich die Teilnehmer die Stimmung nicht vermiesen

AUS BERLIN MATTHIAS URBACH

Es hätte ein blendender Neuanfang werden können – wenn es nur einen neuen US-Präsidenten gegeben hätte. Doch wie es aussieht, bleibt es wohl der alte. Und so war die Stimmung auf der deutsch-britischen Klimakonferenz gestern in der britischen Botschaft in Berlin zwar nicht schlecht, aber auch nicht euphorisch. Mit John Kerry wären die Chancen erheblich gestiegen, den Schwung des In-Kraft-Tretens von Kioto zu nutzen, um endlich den größten Klimasünder, die USA, einzubinden.

Denn das ist das erklärte Ziel des britischen Premiers Tony Blair, der im kommenden Jahr während seiner Präsidentschaft der G8, also des Gipfels der wichtigsten Industriestaaten, Klimaschutz zu „einer von zwei Prioritäten“ machen will. Um dafür über die richtige Strategie zu beraten und gleichzeitig die deutsch-britische Kooperation zu stärken, hatte Großbritannien gestern die Creme der Klimaschützer aus Politik, Wissenschaft und Industrie zusammengerufen. Blair schickte zwar nur eine Videobotschaft. Dafür machte die Queen den Experten ihre Aufwartung. Und so waren die Reaktionen auf die US-Wahl eher von trotzigem Selbstvertrauen zweier Länder geprägt, die sich als Vorreiter im Klimaschutz sehen. Umweltminister Jürgen Trittin verwies stolz darauf, dass die Amerikaner Kioto verhindern wollten. „Das ist ihnen nicht gelungen.“ Sie würden nun „nicht plötzlich beitreten – übrigens egal wer die Wahl gewinnt“. Aber sie müssten ihre Emissionen mindern. „Dafür bieten wir ihnen Kooperation an.“

Auch Trittins britische Amtskollegin Margaret Beckett betonte unbeirrt, dass der Klimaschutz eben „Vorreiter braucht“, und beide Länder seien bereit, diese Rolle zu übernehmen. Blairs Engagement auf der G8 sei eine Gelegenheit, weitere Zeitverzögerungen im Klimaschutz zu vermeiden. Damit zielte auch sie auf die USA, deren „Beteiligung wichtig“ sei. Undiplomatischer konnte das am Rand der Konferenz Fritz Vahrenholt, Chef der Windradfirma Repower und Mitglied im Nachhaltigkeitsrat, formulieren: „Auch die Amis holt irgendwann die Realität ein.“

Eine der Strategien neben den offiziellen Verhandlungen ist es, die Willigen besser zu vernetzen. Das ist das Ziel der von Tony Blair ins Leben gerufenen NGO „The Climate Group“, die seitdem sehr professionell um progressive Städte und Firmen als Mitglieder wirbt und gute Beispiele wie DuPont oder BP sammelt, denen der Klimaschutz Geld gespart hat. Kein Geringerer als Außenminister Joschka Fischer ließ sich bewegen, gestern die Unterstützungsrede zum deutschen Auftakt der Climate Group zu halten. Dabei versuchte Fischer vom rein ökologischen Aspekt des Klimawandels abzuheben. „Ich glaube, dass die Sicherheitspolitik des 21. Jahrhunderts maßgeblich von diesem Thema mit beeinflusst wird“, sagte der Minister. Der Grund seien zunehmende Unwetterkatastrophen, aber auch die Knappheit von Ressourcen wie Öl, die zu einer „Albtraumperspektive für uns alle werden“ könne.

Ansonsten stritt man sich in der Botschaft lustvoll darüber, wer der bessere Klimaschützer ist. Vorläufiges Ergebnis: Die Deutschen sind besser bei den Erneuerbaren, die Briten beim Energiewettbewerb. Trotz so viel Sportsgeist gibt es einen wichtigen Unterschied: Die Briten bestehen nach wie vor auf Atomkraft als Option für die Reserve.