Der Herbst. Die Bahn.

Der langjährige Bahnsprecher Manfred Pietschmann geht in den Ruhestand. Die Verspätungen aber werden bleiben

Seine Bahn hat er geliebt, seinen Job als Pressesprecher nicht immer. Gerade im Herbst, wenn ordinäres Laub die Gleise rutschig macht, die Verspätungen gerade im Regionalverkehr nicht mehr Minuten, sondern aufgerechnet Tage betrugen, klagte Manfred Pietschmann oft über den „Terror“, den die schreibenden, radio- und fernsehmachenden „Kollegen“ in seiner Pressestelle verbreiteten. Die schrieben und sendeten die Bahn ohne Grund nieder, sagte Sprecher der Bahn in NRW dann gern. Über die Staus auf den Autobahnen, die Verspätungen der Fluglinien werde nicht berichtet – Pietschmann, der seine Karriere 1957 als „Bahnassistenanwärter im Güterverkehr“ begann, hat sich nie als Journalist, aber immer als Vertreter der Traditionsfirma Bahn verstanden.

Gestern hat die Bahn ihren Schnellsprecher offiziell in den Ruhestand verabschiedet – und ihm zu Ehren einen ICE auf den Namen seiner Heimatstadt Castrop-Rauxel getauft. Die Verspätungen aber bleiben, und die Form der Problembewältigung auch: Im Vergleich zum Vorjahr sei die Zahl der ganz oder teilweise ausgefallenen S-Bahnen und Regionalzüge von 2.150 auf 1.800 gesunken, lobt Stefan Kühn, Chef der bahninternen Pünktlichkeitsoffensive – über 90 Prozent der S-Bahnen, über 80 Prozent der Regionalverbindungen seien pünktlich.

Dass die Bahn am Laub-Schmierfilm scheitert, zum Bremsen und Anfahren nicht genug Sand als Reibmittel auf die Schienen bekommt und die Kunden nun mit schweren, aber herbstresistenten Uraltzügen nervt muss Pietschmann nun nicht mehr erklären. Der ehemalige Vize-Chef des Bahnhofs Castrop-Rauxel, seit 20 Jahren Bahnsprecher für ganz Nordrhein-Westfalen, will sich stattdessen einen Lebenstraum erfüllen: Eine Reise mit der transsibirischen Eisenbahn, vom Moskau zum Pazifik. Bestimmt schön – doch auch die Transsib ist nicht immer pünktlich. WYP