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Archiv-Artikel

Aus Schwarzarbeit wird Graubrot

Der Umfang der Schwarzarbeit geht auf hohem Niveau erstmals zurück. Experten sehen darin Erfolg der Arbeitsmarktreformen. Die meisten Jobs ohne Steuern und Abgaben gibt es im privaten Bereich

VON RICHARD ROTHER

Der Umfang der Schwarzarbeit geht in Berlin und Brandenburg in diesem Jahr erstmals zurück, bleibt allerdings auf hohem Niveau. Zu dieser Prognose kommt der Linzer Volkswirtschaftler Friedrich Schneider, der seit Jahren mit dem Thema befasst ist. Die Region liegt damit im Bundestrend, in Berlin ist der Umfang der Schwarzarbeit, für die eigentlich fällige Steuern und Abgaben nicht gezahlt werden, aber deutlich größer als in Brandenburg. Ursache des Rückgangs, der sich im nächsten Jahr fortsetzen soll, seien vor allem die neuen Regelungen am Arbeitsmarkt: etwa bei so genannten Mini-Jobs und Ich-AGs.

Allerdings liegt der Umfang der Schwarzarbeit weiter auf hohem Niveau: In Berlin wird rund jeder sechste Euro schwarz erwirtschaftet, rund 18,4 Millionen Euro erzielte die Schattenwirtschaft im Jahr 2003. In diesem Jahr sind es rund 17,9 Millionen Euro, 2005 werden es 17,5 Millionen Euro sein. In Brandenburg sinkt der Umfang der Schattenwirtschaft von 15,8 Millionen Euro in diesem Jahr auf 15,4 Millionen im nächsten. Allerdings hafte – gegenstandsbedingt – den Prognosen ein Fehler von 10 bis 15 Prozent an, so Schneider. Die Aussagen über den Umfang der Schwarzarbeit werden durch statistische Berechnungen und Umfragen gewonnen.

Unter Schattenwirtschaft fasst Schneider sämtliche legale Güter und Dienstleistungen, die illegal hergestellt beziehungsweise erbracht werden. Nicht darunter fallen also illegale Güter und Dienstleistungen, etwa beim Drogenhandel. Allerdings sind die Grenzen oft fließend. So fallen nach Schneiders Einschätzung 15 Prozent der Schattenwirtschaft in den Bereich der organisierten Kriminalität, etwa auf Baustellen oder in Bordellen. Weitere 15 Prozent der Schwarzarbeit würden von Rentnern und Pensionären erbracht. Der große Rest wird von Handwerkern, Arbeitnehmern oder Arbeitslosen nebenbei erwirtschaftet. Schwarzarbeit zieht sich durch alle Branchen, die wichtigsten sind: Baugewerbe, Autoreparaturen, Gastgewerbe, haushaltsnahe Dienstleistungen wie Nachhilfe, Babysitten, Putzen.

„Es gibt dafür kein Unrechtsbewusstsein“, kritisiert Schneider. Viele fänden es falsch, wenn jemand eine Kleinigkeit klaue. „Wenn aber einer 300 Euro im Monat schwarz verdient, ist das ein Kavaliersdelikt.“ Zwar gingen durch Schwarzarbeit Steuern und Sozialversicherungsbeiträge verloren, so Schneider. Andererseits fließe das Geld aber wieder in den Wirtschaftskreislauf zurück. „Niemand arbeitet fürs Sparbuch schwarz, die meisten wollen sich langfristige Konsumgüter kaufen“, erklärte der Volkswirtschaftler.

Für Schwarzarbeit gebe es unterschiedliche Motive, so Arbeitsstaatssekretärin Susanne Ahlers. So dürften gerade Ausländer oft nicht legal jobben. Legale Arbeit sei immer teurer als illegale, zeigte sie die Grenzen der Debatte um die Reduzierung der Lohnnebenkosten. Schwarzarbeit schade den Sozialkassen und müsse bekämpft werden. Von Verschärfungen der Rechtslage hält Schneider wenig: Dies führe nur zu hohem Kontrollaufwand, die Effektivität sei gering.