: Reformatorische Neuordnung
Das Museum für Hamburgische Geschichte eröffnet heute Abend seine Abteilung Frühe Neuzeit neu. Ein Umbau weiterer Abteilungen ist geplant, wird aber aus finanziellen Gründen noch einige Zeit auf sich warten lassen müssen
aus Hamburg Eberhard Spohd
Manchmal haben Museums-Kuratoren Glück: Auf der Suche nach Exponaten für die neu gestaltete Abteilung Kirchen, Kanonen und Kommerz – Hamburg in der Frühen Neuzeit durchforsteten die Mitarbeiter des Museums für Hamburgische Geschichte (MHG) ihr Magazin. In einer Ecke, in dem Schrank, der so lange nicht mehr geöffnet worden war, vermuteten sie hinter den Klingelbeuteln nichts Wertvolles. Doch sie sollten sich täuschen: In Zeitungspapier eingewickelt, fanden sie drei Holzfiguren, die die Direktorin des Museums, Gisela Jaaks, sofort Maximilian Steffens zuordnete und die lange verschollen waren.
Die drei Apostel, die zusammen mit zwei ebenfalls ausgestellten Alabasterskulpturen einst Teil des Taufbeckens der Hamburger Petrikirche waren, bilden das Zentrum eines Raumes der Abteilung, die heute Abend wiedereröffnet wird. Insgesamt fünf Räume wurden in das Konzept von Ralf Wiechmann eingebettet, zusammen bilden sie eine Übersicht über das 16. und 17. Jahrhundert.
Bautätigkeit und Wohnen aus dieser Zeit wird anhand von Bauteilen abgerissener Bürgerhäuser und Keramiken aus denselben illustriert. Die Reformation kommt in einem zweigeteilten Raum zum Ausdruck: In einer Art Kapelle stehen vornehmlich Mutter-Gottes-Abbildungen, die von der damals herrschenden, durchaus überraschenden Mariengläubigkeit der später protestantischen Hamburger sprechen. Das wird kontrastiert durch nachreformatorische Kunst, unter anderem ein Schmähbalken auf den Papst.
Der dritte Raum widmet sich der Wirtschaft und den Geldgeschäften der Hanseaten, was nahtlos zum vierten Raum überleitet. Der Handel, der hauptsächlich über die Elbe verlief, musste geschützt werden. Piraten wurden schlichtweg geköpft, wovon deren zur Schau gestellten Schädel nicht mehr ganz so beredt Auskunft geben. Ein besonderes Schmankerl ist die museale Aufarbeitung eines Funds in der Elbe vor Wittenbergen: Ein mutmaßliches Schmugglerschiff wurde 1976 geborgen und restauriert. Heute gibt ein Teil davon, ausgestellt mit Funden aus dem Wrack, einen Eindruck vom Inneren solcher Schiffe.
Mit dieser neu gestalteten Abteilung wurde ein weiterer Schritt zur Modernisierung des MHG getan. Sukzessive sollen alle Teile bis hin zur Jetztzeit neu konzipiert werden. Auch dass zur heutigen Eröffnung nach gut 50 Jahren wieder ein gedruckter Führer durch die Schau veröffentlicht wird, zeugt vom Reformwillen der Mitarbeiter. Allein, jetzt beginnen die Schwierigkeiten: Der nächste, große Raum umfasst zwar mehrere Zeitabschnitte, kann aus technischen Gründen allerdings nur auf einen Schlag umgebaut werden. Das übersteigt das Budget des Museums bei Weitem. Das Museum muss für diesen Umbau sparen.
Denn finanziell ist das MHG – wie die anderen vier kulturhistorischen Museen in Hamburg – strukturell doppelt benachteiligt. Einerseits bekommt es nur rund die Hälfte der Zuschüsse, die beispielsweise den Kunstausstellungen der Stadt zugebilligt werden. Darüber hinaus fließt auch das Geld von Stiftungen meist nur in die bildende Kunst. Wenn dann das MHG Mittel einwerben will, wird ihm meist beschieden, dass man ja bereits unterstützend tätig sei. Dass das Geld zweckgebunden eingesetzt wird, ist den Stiftungen oft kaum bewusst.
Vielleicht sollte das MHG in noch tiefere Tiefen ihres Magazins hinabsteigen. Eventuell findet sich dort irgendwo auch ein Goldschatz, der es aus der finanziellen Malaise führt. Das ist auf jeden Fall die sicherere Methode, die Finanzen aufzubessern, als darauf zu hoffen, dass die staatlichen Stellen mehr Geld für den Ausbau zuschießen.
Eröffnung heute, 20 Uhr. Am 29.11., 11–18 Uhr, findet ein großes Familienfest mit besonderem Programm für Kinder statt, Museum für Hamburgische Geschichte, Holstenwall 24, Hamburg